Was vom Papst bleibt
Benedikt wird an Ostern 90. Der Bürgermeister seines Geburtsortes hat den berühmtesten Sohn von Marktl am Inn immer wieder getroffen – und viel erlebt mit Joseph Aloisius Ratzinger
Herr Gschwendtner, wie hat sich Marktl durch den Papst verändert? Hubert Gschwendtner: Na ja, in den ersten Jahren sind wir von den Papst-Touristen überrannt worden, da kamen jedes Jahr 200000 Menschen nach Marktl.
Die Marktler haben sich diesem PapstHype aber schnell angepasst ... Gschwendtner: Wenn Sie die „Vermarktelung“des Papstes meinen, für die wir in der Presse viel kritisiert worden sind, kann ich nur sagen: Davon ist nichts mehr übrig.
Das heißt, es gibt kein Papst-Bier mehr, kein Papst-Brot, keine Kekse in Form von Papstmützen und keine pinkfarbenen Christbaumkugeln mit dem Konterfei von Benedikt? Gschwendtner: Nein, es war von Anfang an klar, dass das nicht nachhaltig ist. Geblieben ist das Geburtshaus von Joseph Ratzinger, in dem ein Museum untergebracht ist, und das Taufbecken, in dem die beiden Ratzinger-Brüder in die Kirche aufgenommen worden sind. Das steht wieder in der Taufkirche St. Oswald. Und es gibt die vier Meter hohe Benedikt-Säule aus Bronze, die der Bildhauer Joseph Michael Neustifter gestaltet hat.
Haben Sie noch die zwei Sitze der Lufthansa-Maschine im Büro stehen? Auf einem ist der Papst gesessen, als er 2006 auf der Rückreise von seinem Bayern-Besuch über Marktl flog und mit den Bürgern seines Geburtshauses via Funkgerät ein Ave Maria betete ... Gschwendtner: Natürlich habe ich die noch. Die sind schön neu überzogen und mit dem Papstwappen und dem bayerischen Wappen bestickt. Fotos gibt es davon aber keine, wir wollen ja keinen Kult daraus machen.
Apropos Kult: Suchen immer noch Besucher in Marktl nach den Spuren von Papst Benedikt? Gschwendtner: Oh ja, etwa 30 000 im Jahr. Uns ist auch einiges geblieben. Die Busparkplätze, die Wegweiser, das Tourismusbüro. Unsere ganze Infrastruktur ist verbessert worden, das ging ganz schnell – dank Herrn Stoiber.
Wie das? Gschwendtner: Ich war mit dem Ministerpräsidenten bei einer Papstaudienz in Rom, wo er gesagt hat: Wir Bayern sind alle stolz, dass wir einen bayerischen Papst haben. Stolz sind wir schon, habe ich ihm geantwortet, das hilft uns aber wenig, wenn uns nicht geholfen wird. Ich habe ihm mein Leid geklagt und er hat uns einen Beigeordneten geschickt. So sind wir schnell und unbürokratisch an Geld gekommen, um unsere Infrastruktur zu verbessern.
Wie oft sind Sie Papst Benedikt in den vergangenen Jahren begegnet? Gschwendtner: Hm, das weiß ich nicht mehr so genau. Ich war öfter mal in Rom, zu Geburtstagen, zu Audienzen. Mindestens zehnmal – mit und ohne Gebirgsschützen.
Da haben Sie einiges erlebt ... Gschwendtner: Es war eine spannende Zeit, allein drei Ministerpräsidenten waren in Marktl und Kardinäle aus aller Welt.
Und wie war Benedikt? Gschwendtner: Ganz anders, als man glaubt. Man meint ja, dass er sehr abgehoben, vergeistigt und philosophisch ist. Dabei ist er das ganze Gegenteil: Ein sehr angenehmer, bescheidener, freundlicher Mensch, der voller Wärme und Nähe auf einen zugeht. Und er hat nie vergessen, mir herzliche Grüße an meine Frau aufzutragen. Auch nach meinem Knie hat er sich erkundigt.
Ihr Knie? Gschwendtner: Bei seinem Rücktritt war ich zu einer Knie-OP in der Kli- nik und konnte ihm dann erst mit ein paar Tagen Verspätung die Gefühle der Marktler Bevölkerung schreiben. In seinem Antwortbrief war der erste Satz: „Ich hoffe, dass Ihr Knie wieder in Ordnung ist.“
Wie feiert Marktl den Papst-Geburtstag am Ostersonntag? Gschwendtner: Sehr intensiv – den ganzen Tag lang. Wir fangen um 4.15 Uhr im Geburtshaus mit dem Entzünden des Osterfeuers an und ziehen dann in die Taufkirche.
Um 4.15 Uhr schon? Gschwendtner: Da ist Joseph Ratzinger geboren, das feiern wir fast jedes Jahr. Diesmal eh nur einen Tag lang, sonst gab’s oft eine Festwoche.
Gibt’s ein Geschenk für Benedikt? Gschwendtner: Wir haben unter dem Titel „Hier hat alles angefangen“ein Buch verfasst – das war Benedikts Ausspruch, als er vor seinem Taufbecken stand. Mit Fotos, Auszügen aus Briefen, Zitaten und Grußworten. Das Päckchen habe ich heute zur Post gebracht.
Interview: Andrea Kümpfbeck