Wie die Ahmadiyya ihre Moschee eröffneten
Religion Mit einem Festakt hat die muslimische Gemeinde ihr Gotteshaus in Oberhausen gefeiert. Der Kalif verurteilte den Islamischem Staat. Frauen und Männer erlebten den Tag getrennt
Die luftige Kuppel und der in sich gedrehte, angedeutete Minarettturm wie auch der gläserne Eingang zeigen Richtung Straße und öffnen die Moschee zum Stadtteil Oberhausen. „Es ist eine der schönsten Ahmadiyya-Moscheen in Deutschland“, lautet das Urteil von Abdullah Wagishauser. Der Bundesvorsitzende und Emir der etwa 40 000 Mitglieder starken Religionsgemeinschaft in Deutschland war bei jeder Eröffnung der bisher 51 neu gebauten Gotteshäuser im Bundesgebiet dabei.
Mit einem Festakt eröffnete die Augsburger Ahmadiyya-Gemeinde ihre Bait-un-Naseer-Moschee. Etwa 180 Gäste, darunter Vertreter des Stadtrates, des bayerischen Landtags und des Bundestags, wohnten zunächst dem stillen Gebet in dem neuen Haus an der Donauwörther Straße bei. Wie bei der Ahmadiyya üblich, reisten das geistliche Oberhaupt, seine Ehefrau, sein Privatsekretär und weitere Begleiter in drei Limousinen mit britischen Kennzeichen aus London an. Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad leitete das Gebet im Männergebetsraum, während die Gebetsformeln seiner leisen Stimme per Lautsprecher zu den Frauen übertragen wurden. Vor allem die etwa 80 Ahmadis aus Augsburg drängten zum Kalifen an der kleinen Kanzel, um ihm persönlich nahe zu sein. Er besichtigte anschließend die kleine Bibliothek und betrat auch kurz den Frauengebetsraum, um die etwa 100 Frauen und Kinder einzeln zu begrüßen.
Die Schmierereien vor einigen Wochen sind fast vergessen. „Und wer baut Kirchen in der Türkei, Deutsche wacht auf“hatte ein Unbekannter auf die Vorderseite gesprüht. „Das war natürlich furchtbar für uns“, sagt der Augsburger Informatiker Naseer Ahmad. „Aber die aufmunternden Reaktionen der Bürger hinterher haben uns richtig gutgetan.“Nabil Shat, der in Augsburg aufgewachsen ist und an der Fachoberschule sein Abitur machte, äußert sich stolz über das neue Gebäude und die Leistung der Gemeinde. Der 19-Jährige studiert in München Wirtschaftsinformatik. 290 Mal kochten die Frauen während der einjährigen Bauzeit für ihre Männer, die ehrenamtlich selbst nachts auf der Baustelle halfen.
Unter großen Sicherheitsvorkehrungen versammeln sich die männliche Gemeinde und etwa 280 Ehrengäste am Dienstag im Dialogsaal des Kongress am Park. Eine Schleuse für Ahmadiyya-Frauen steht seitlich in einem Zelt, eine weitere für die weltlichen Besucherinnen gesondert hinter dem Männereingang. Die
Aus der Islamischen Weltliga ausgeschlossen
einzige Konvertitin der Augsburger Gemeinde stört diese strikte Trennung nicht. Locker hat sie einen beigefarbenen Schal über das Haar gelegt. Ihr Mann sei von den Mauritius-Inseln nach Augsburg eingewandert, stamme von indischen Sklaven auf der Insel ab. Sie selbst liebt die Lebendigkeit der Gemeinde. Mit Veranstaltungen in den Räumen der neuen Moschee werde man sich der Öffentlichkeit noch weiter öffnen, verspricht sie.
Im Dialogsaal haben sich die Augsburger aus Parteien, Universität und Kultur an 30 gedeckten Tischen niedergelassen. Je ein deutschsprachiger junger Imam und andere Akademiker der Frankfurter Ahmadiyya-Zentrale betreuen Gäste und Tische, während die lokalen Ahmadiyya-Mitglieder das Geschehen vom Rand aus beobachten. Der Kalif geht in seiner Ansprache, die über Kopfhörer von Urdu ins Deutsche übertragen wird, auch auf das Kalifat des „Islamischen Staates“(IS) ein. Es verbreite Terror und Unheil und sei nach islamischen Traditionen nicht rechtmäßig: „Der Prophet Muhammad verkündete, das Kalifat wird nur kommen, wenn der Erlöser erscheint.“Die Bezeichnung Erlöser oder „Mahdi“steht – nach Ahmadiyya-Lesart – nur dem Gründer ihrer Bewegung, Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908), zu. Er präsentierte sich im heutigen Pakistan als Mahdi und seine Schriften als Offenbarungen. Seither tragen seine inzwischen fünf gewählten Nachfolger den Titel „Kalif“. Doch das sehen nicht alle Muslime so, denn für Sunniten und Schiiten weltweit ist mit Muhammad die Reihe der Propheten geschlossen und der Koran die letzte Offenbarung. Die Ahmadiyya ist geächtet und wurde 1974 aus der Islamischen Weltliga ausgeschlossen.