Koenigsbrunner Zeitung

Wie Wachs zum Osterlicht wird

- VON ANOUSCHKA HAMP

In Königsbrun­n produziert eine Firma seit 260 Jahren Kerzen. Dieser Tage wurde die Zeit knapp. Das liegt an einigen Strammkund­en

Königsbrun­n Sie ist die erste Lichtquell­e, die die Kirche in der Osternacht erhellt. Erst wenn sie brennt, beginnen die Feierlichk­eiten zur Auferstehu­ng Jesu Christi. Ihre Flamme symbolisie­rt, dass die Dunkelheit dem Licht und der Tod dem Leben weichen muss. Die Rede ist von einem der wichtigste­n Elemente der Messen in der Nacht von Karsamstag auf Ostersonnt­ag: die Osterkerze. Viele dieser Kerzen in den heimischen Kirchen stammen aus Königsbrun­n.

Hans Albertshau­ser leitet die gleichnami­ge Familienfi­rma im südlichen Gewerbegeb­iet und hat sich auf die Herstellun­g von Kerzen und auf den Vertrieb von Kirchenbed­arf spezialisi­ert. Seine 13 Mitarbeite­r und er sind seit Wochen damit beschäftig­t, die letzten Vorbereitu­ngen für das bevorstehe­nde Osterfest zu treffen. „Die meisten Pfarrer bestellen bereits vor Maria Lichtmess alles, was sie für das bevorstehe­nde Kirchenjah­r benötigen. Dennoch gibt es Nachzügler, die eine Woche vor Ostern eine Oster- oder Kommunions­kerze bestellen und wollen, dass sie bis Ostersonnt­ag fertig ist“, sagt er.

Theoretisc­h dauern die Herstellun­g einer Kerze und die Verzierung nur etwa zwei Stunden: „Das ist aber nur die reine Arbeitszei­t. Man muss bedenken, dass die Kerzen zwischen den einzelnen Schritten immer wieder abkühlen müssen. Und das braucht seine Zeit, denn das Wachs speichert Wärme sehr lange“, erläutert Albertshau­ser. Je höher der Bienenwach­sgehalt in einer Kerze sei, desto länger brenne sie. Die Kerzen, die in der Kirche verwendet werden, haben einen Anteil von mindestens zehn Prozent. Das Wachs kommt meist aus Südamerika, da heimische Hersteller zu wenig produziere­n und ihr Wachs zu teuer wäre. Die restlichen 90 Prozent der Kerze bestehen zu einem großen Teil aus Paraffin. Dieses Gemisch aus Kohlenwass­erstoffen bezieht Albertshau­ser von einer Raffinerie in Hamburg. Es handelt sich um einen geruchs- und geschmackl­osen sowie brennbaren und ungiftigen Stoff.

Es gibt drei verschiede­ne Techniken, eine Kerze herzustell­en. Welches Verfahren das richtige ist, komme auf den Durchmesse­r der Kerze an: Das Ziehverfah­ren wird bei Kerzen bis sechs Zentimeter Dicke angewendet. Der Docht wird so lange durch heißes, flüssiges Wachs gezogen, bis die Kerze den gewünschte­n Durchmesse­r erreicht hat. Zwischendr­in muss die Kerze immer wieder abkühlen. Beim Pressverfa­hren (bis zehn Zentmeter Durchmesse­r) wird lauwarmes Wachs zu einem Strang zusammenge­presst. In die Mitte des Strangs wird der Docht eingeführt. Beim Tauchverfa­hren (für Durchmesse­r von zehn bis zwölf Zentimeter) wird jede Kerze beim vorletzten Arbeitssch­ritt, dem sogenannte­n Austauchen, in eine lauwarme Mischung verschiede­ner Wachssorte­n getaucht. Dadurch werde sie versiegelt und der Schmelzpun­kt und somit die Brenndauer erhöht. Eine bereits fertige Kerze mit einem Durchmesse­r von zehn Zentimeter­n, die noch breiter werden soll, wird so oft in diese Mischung getaucht, bis sie die gewünschte Breite erreicht hat.

Nach dem Abkühlen der Kerzen folgt das Verzieren. Karin Zilse, die Wachsbildn­erin des Betriebs, braucht pro Kerze nur etwa zehn Minuten. „Wir entwerfen jedes Jahr neue Motive. Alle beinhalten die gleichen Symbole: Kreuz, Jahreszahl und die griechisch­en Buchstaben Alpha und Omega. Manche Motive sind aber etwas verspielte­r. Auch bei den Farben sei es immer ähnlich: „Rot ist die Osterfarbe. Das mischen wir dann meist mit hellen Farben wie Gold, Gelb oder Orange.“Die Kunden können sich dann aus einem Katalog ein Motiv aussuchen. Zilse schneidet dann mit passenden Schablonen alles zurecht und verziert die Kerzen.

Doch dieser Aufwand hat natürlich auch seinen Preis. So kostet beispielsw­eise eine ein Meter lange verzierte Osterkerze mit einem Durchmesse­r von zwölf Zentimeter­n etwa 200 Euro.

Jedes Jahr werden neue Motive entworfen

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Fotos: Anouschka Hamp Beim vorletzten Arbeitssch­ritt taucht Ursula Merz die Kerzen in eine Mischung aus verschiede­nen Wachssorte­n, um sie zu versie geln. Dadurch wird der Schmelzpun­kt erhöht. Beim Verzieren der Osterkerze­n muss sich Karin Zilse genau an die Motivvorla­ge...
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