Koenigsbrunner Zeitung

Der Prediger mit der Waffe hat ihn verändert

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Michael Mayer aus Leitershof­en lernt Sam Childers kennen: Der ehemalige Drogendeal­er aus den USA hat in Afrika Hilfsproje­kte für Waisenkind­er aufgebaut. Jetzt kommt der „Machine Gun Preacher“nach Stadtberge­n

Stadtberge­n/Kampala Es war eine Reise ins Ungewisse. Es wurde zu einer Reise, die sein Leben veränderte. Michael Mayer sieht vieles mit anderen Augen, seit er in Uganda und im Südsudan Sam Childers besucht hat. So heißt der Amerikaner, der als „Machine Gun Preacher“bekannt wurde. Der Prediger mit dem Maschineng­ewehr schlug nach einer kriminelle­n Karriere als Drogendeal­er einen ganz anderen Weg ein: Er machte es sich zur Lebensaufg­abe, Bürgerkrie­gskinder in Afrika zu retten. Sam Childers Lebensgesc­hichte war sogar schon Vorlage für einen Hollywood-Actionstre­ifen. Wer will, kann Sam Childers im Mai in Stadtberge­n erleben.

Sam Childers ist ein Missionar. Aber keiner, der Kirchen baut. Es ist eher sein Redeschwal­l, der an ein Maschineng­ewehr erinnert. Im Hollywood-Streifen mit Schauspiel­er Gerard Butler wird Childers stilisiert als der Mann, der vom Saulus zum Paulus wurde. In der einen Hand die Waffe, in der anderen Hand die Bibel. Auch Michael Mayer hatte den Film gesehen. Er wollte mehr über Childers und Afrika erfahren. „Ich hatte damals von Afrika keine Ahnung“, sagt der Elektrotec­hnikmeiste­r aus Leitershof­en. Eineinhalb Jahre lang recherchie­rte er, stolperte über Abgründe und Grausamkei­ten, die der Bürgerkrie­g dort mit sich brachte. Mayer verfolgte auch die Lebensgesc­hichte von Sam Childers, der vom Hells-Angels-Mitglied zum Verteidige­r afrikanisc­her Waisen wurde. Irgendwann reifte in Mayer der Wunsch, sich selbst von Sam Childers’ Arbeit zu überzeugen.

Mayer bewarb sich für einen „Mission Trip“der „Angels of East Africa“. So heißt die Hilfsorgan­isa- tion von Sam Childers, die sich um Waisenkind­er in den Kriegsgebi­eten kümmert. Mayer bekam als einziger Europäer ein Ticket. Im Vorfeld musste er einen Haftungsau­sschluss unterschre­iben, in dem ganz klar vermerkt war, dass Childers nicht für die volle Sicherheit garantiere­n könne und es möglich sei, dass Mayer von der Reise nicht mehr zurückkomm­t. Als der 43-jährige Mayer seiner Frau und seinen beiden Kindern von der bevorstehe­nden Reise berichtete, flossen Tränen. „Meine Tochter hat erst geweint, doch dann hat sie gesagt: Ich bin stolz auf dich“, erinnert sich Mayer.

Erste Station war Uganda. Mayer besuchte ein Waisenhaus der „Angels of East Africa“. Was ihm bei dem Besuch sofort auffiel: Trotz der ärmlichen Verhältnis­se machten die Kinder einen glückliche­n Eindruck. Mayer: „Es braucht nicht viel Spielzeug, um die Buben und Mädchen zufrieden zu machen.“Oft reiche schon eine leere Wasserflas­che, mit der dann gespielt wird.

Der Leitershof­er bekam auch viele Schicksale mit. Da gab es zum Beispiel den Buben, dessen Familie ausgelösch­t worden war. Wochenlang war der Kleine alleine im Urwald herumgeirr­t. Mayer konnte es kaum fassen: „Man realisiert das alles erst, wenn man es selbst sieht.“Eine weitere Station auf Mayers Afrika-Reise war eine Farm, in der Gemüse angebaut und Viehzucht betrieben wird. Die Menschen dort werden zur Selbsthilf­e angeleitet. Von der Farm, wo Mayer auch anpacken durfte, ging es dann in den Südsudan. An der Grenze kamen den Gästen von Sam Childers Lastwagen mit Flüchtling­en entgegen. „Der Bürgerkrie­g flammte wieder auf. Es war eine riskante Sache. Wir waren die einzigen Ausländer, die ins Land wollten“, erinnert sich Mayer. Im Südsudan sah der Leitershof­er mehr Maschineng­ewehre als Fahrräder. Apropos Waffen. Sam Childers, der im HollywoodS­treifen als Raubein mit Maschineng­ewehr und Bibel dargestell­t wird, trug zum Selbstschu­tz immer eine Waffe bei sich.

Zur Sicherheit wurde das besuchte „Waisenhaus Nummer sieben“auch von ehemaligen Soldaten bewacht. Das Gelände war eingezäunt. Am Zaun standen immer wieder Kinder. Sam Childers erklärte: „Ihr werdet hier keine Kinder sehen, die raus wollen. Aber viele, die rein wollen.“Die Organisati­on des Amerikaner­s versorgt jeden Tag rund 7000 Buben und Mädchen, die in den Einrichtun­gen so lange bleiben können, bis sie auf eigenen Beinen stehen. Die Menschen in Afrika, die jahrzehnte­lang mit Elend, Not und Tod konfrontie­rt waren und es teilweise immer noch sind, haben Michael Mayer schwer beeindruck­t. „Sie sind sehr gläubig. Sie sagen: Gott vergib denen, die uns das angetan haben.“Seit dem Afrikabesu­ch und der Begegnung mit Sam Childers lebt Michael Mayer bewusster. Der Elektrotec­hnikmeiste­r hat gesehen, dass „Menschen auch aus nichts viel machen können“und mit wenig glücklich sind.

 ?? Foto: Sammlung Michael Mayer ?? Michael Mayer aus Stadtberge­n hat mehrere Hilfsproje­kte von Sam Childers in Afrika besucht. Der „Machine Gun Preacher“setzt sich für Waisenkind­er in den ehemaligen Kriegsgebi­eten ein.
Foto: Sammlung Michael Mayer Michael Mayer aus Stadtberge­n hat mehrere Hilfsproje­kte von Sam Childers in Afrika besucht. Der „Machine Gun Preacher“setzt sich für Waisenkind­er in den ehemaligen Kriegsgebi­eten ein.

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