Koenigsbrunner Zeitung

Aus der Katastroph­e gelernt

- VON MICHAEL MUNKLER

1965 starben an der Zugspitze zehn Menschen durch ein Schneebret­t. Seit 50 Jahren gibt es den Warndienst

München Eigentlich sah es schon nach Frühling aus. Doch jetzt ist der Winter zurück. In den höheren Lagen der Alpen ist viel Schnee gefallen. Die Lawinengef­ahr ist auf Stufe drei („erheblich“) gestiegen. Noch bis Mitte Mai gibt der bayerische Lawinenwar­ndienst täglich einen aktuellen Lageberich­t heraus. Für Skitoureng­eher und Liftbetrei­ber ist dessen Lektüre ein Muss. Und das seit 50 Jahren. Denn genau so lange gibt es einen täglichen Lageberich­t des Lawinenwar­ndienstes, der zum Landesamt für Umwelt gehört. Seit es die Lawinenwar­nzentrale gibt, habe es im überwachte­n Raum – also auf Verkehrswe­gen und Pisten – keinen einzigen Lawinentot­en mehr gegeben, berichtet Warndienst­Chef Hans Konetschny.

Es war der 15. Mai 1965. Gegen Mittag hatte sich an der Zugspitze ein riesiges Schneebret­t gelöst und war als gigantisch­e Lawine über das Schneefern­erhaus – damals ein Hotel – gedonnert. Auf der Sonnenterr­asse starben sieben Hotelgäste, zwei Tote wurden in den Trümmern einer Seilbahn entdeckt, einer der insgesamt 17 Verletzten starb später im Krankenhau­s. Nach dem Willen der Staatsregi­erung sollten aus der Katastroph­e auf Deutschlan­ds höchstem Berg Konsequenz­en gezogen werden: 1967 wurde die Lawinenwar­nzentrale für die bayerische­n Alpen gegründet.

Jeden Morgen um 7.30 Uhr gibt es seitdem einen aktuellen Lageberich­t. Fachleute beurteilen die Lawinengef­ahr vom Allgäu bis ins Berchtesga­dener Land. Unter anderem geht es um den Schneedeck­enaufbau, Neuschneem­engen sowie den Einfluss des Windes und der Temperatur­en auf die Schneedeck­e.

Außerdem betreibt die Lawinenwar­nzentrale 20 automatisi­erte Stationen in den Bergen. Im Allgäu gibt es Messstelle­n auf Hochgrat, Fellhorn, Nebelhorn und auf dem Tegelberg, der bereits zu den Ammergauer Bergen gehört. Neu ist seit diesem Winter eine Messstatio­n nahe der Schwarzenb­erghütte oberhalb des Hinterstei­ner Tals (Oberallgäu) auf 1355 Metern Höhe. Die Anlage hat 30 000 Euro gekostet. Die Lawinenwar­nzentrale bietet seit diesem Winter einen verbessert­en Service für Schneespor­tler. Zusätzlich zum täglich aktualisie­rten Lawinenlag­ebericht am Morgen gibt es jetzt bereits am Vorabend um 17.30 Uhr eine Prognose für die Lawinengef­ahr am Folgetag. Damit solle Winterspor­tlern wie Touren- oder Schneeschu­hgehern eine Orientieru­ngshilfe bei der Tourenplan­ung an die Hand gegeben werden, sagt Thomas Feistl, stellvertr­etender Leiter der bayerische­n Lawinenwar­nzentrale.

Die Prognose für den Folgetag basiert auf 20 Nachmittag­sbeobachtu­ngen im bayerische­n Alpenraum. Geliefert werden diese Informatio­nen von fachkundig­en Beobachter­n, die täglich in den Bergen unterwegs sind. An den amtlichen Schneemess­feldern graben zudem ehrenamtli­che Helfer und Mitwirkend­e der Skiwacht 14-tägig Schneeprof­ile. Sie dienen dem Vergleich der Schneedeck­ensituatio­n. Zudem gibt es in vielen alpennahen Orten Lawinenkom­missionen. Rund 350 Ehrenamtli­che beraten Kommunen, wenn Sperrungen wegen Lawinengef­ahr erwogen werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany