Dieser Umzug birgt Überraschungen
Die Stadtarchäologen bestücken ihr neues Zentraldepot im Textilviertel. Der Transport von 24 000 Kisten ist eine große Herausforderung – aber nicht die einzige
Neulich war Packen angesagt. Da fielen Michaela Hermann und ihren Kollegen der Stadtarchäologie ein paar ungewöhnliche Scherben in die Hände. Es waren Teile eines Eulenpokals aus der Renaissance. Sie wurden zusammengesetzt. Nun ist aus den Scherben ein besonders schönes und seltenes Trinkgefäß geworden. „Wir kennen unsere Bestände ganz gut, aber wenn man Funde neu verpackt und genauer anschaut, macht man doch die eine oder andere Entdeckung“, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin. Beim Umzug ins neue Zentraldepot der Stadtarchäologie im Textilviertel sind weitere Überraschungen zu erwarten. Jetzt beginnt die heiße Phase.
Die Karawane der Kisten wird gigantisch sein. Insgesamt geht es um rund 24000 Schachteln mit archäologischen Fundstücken, die aus 5000 Jahren Stadtgeschichte stammen. Dazu kommen noch Dokumentationen und Pläne sowie etwa 1400 Steindenkmäler in allen Größen. Derzeit sind die Funde noch auf zahlreiche Depots im ganzen Stadtgebiet verteilt. Weil die Sammlung derart umfangreich ist, muss der Umzug in mehreren Etappen absolviert werden. Voraussichtlich bis zum Herbst 2018 soll er geschafft sein, sagt Michaela Hermann.
Ins neue Zentraldepot verlegt sind bereits die Büros der Archäologen. Sie waren bislang sehr beengt in der Gögginger Straße untergebracht. In den modernen Räumen am AKS-Gelände haben rund 30 Mitarbeiter (darunter Teilzeitkräfte und Umzugsmitarbeiter) nun deutlich mehr Platz und wesentlich bessere Arbeitsbedingungen. Auch die Bestände können endlich zeitgemäß archiviert und gelagert werden.
Im nächsten Schritt wird nun das größte und teuerste Depot der Stadtarchäologie aufgelöst. Es befindet sich in einem Keller unter der früheren Kunsthalle in der Imhofstraße. Ab Anfang Mai werden dort die Umzugslaster anrollen. Bis Mitte des Jahres soll das Depot geleert sein, soweit der Plan. Wie Hermann erläutert, müssen gerade empfindliche Funde gut verpackt werden, damit sie die Fahrt über teilweise holperige Straßen gut überstehen. „Jede Bewegung bedeutet für ein solches Objekt Stress“, sagt sie. Auch die Schließung des Römischen Museums hatten die Archäologen
bei ihrer Planung zunächst nicht auf der Rechnung. Die Ausstellungsstücke wandern nun ebenfalls ins Zentraldepot, darunter zahlreiche steinerne Monumente. Ein passender Platz für die schweren Sarkophage muss erst gefunden werden.
Noch während der Umzug läuft, soll es im neuen Zentraldepot der Stadtarchäologie Führungen für Besucher geben. Hermann hofft, dass die ersten Rundgänge nach den Sommerferien angeboten werden können. „Wir wollen ein offenes Haus sein und unsere Arbeit zeigen“, sagt sie. Zwar betonten die Stadtarchäologen, dass das Zentraldepot kein Museum ist, sondern vielmehr die Grundlagen für moderne Museumsarbeit schafft. Trotzdem wird es in den Räumen für Besucher viel zu sehen geben. Denn parallel zum großen Umzug läuft die tägliche Arbeit der Archäologen weiter.
Im Dokumentationsarchiv beispielsweise stehen schon die Ordner von neueren Ausgrabungen. Darunter sind die Grabungszeichnungen und Fotos vom Baugelände des Projektes „Max23“in der Maximilianstraße oder auch vom großen Baugrundstück der evangelischen Kirche am Ulrichsplatz.
Ein paar Räume weiter ist ein Mitarbeiter damit gerade beschäftigt, Fundstücke aufzubereiten: Er sitzt vor einer Plastikwanne, die mit Wasser gefüllt ist. Mit einer Zahnbürste säubert er Knochen und mittelalterliche Keramik. Sie stammen aus einer Grabung in der Armenhausgasse. Wieder ein paar Räume weiter entsteht das begehbare „Schaumagazin“für die schönsten Stücke der Augsburger Sammlung.
Hinter Glas stehen schon drei ganz besondere Objekte. „Sie tragen die Inventarnummer 1 der Archäologischen Sammlung“, erklärt Hermann. Damit sind es die allerersten Stücke im Augsburger Verzeichnis, das mittlerweile rund 20 000 Inventarnummern umfasst.
Es sind aufwendig gearbeitete und reich verzierte Gefäße aus der späten Bronzezeit. Sie stammen aus einer Grabstätte, die für einen hohen Würdenträger angelegt wurde. Entdeckt wurde das Grab 1834 im schwäbischen Unterglauheim. Von dort wurden die Funde nach Augsburg gebracht. Künftig sollen sie im Zentraldepot die lange Tradition der Augsburger Stadtarchäologie für Besucher sichtbar machen.