Das Dilemma der Humanität
Es ist ein schlimmer Verdacht: Organisationen, die sich der Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit verschrieben haben, machen gemeinsame Sache mit Menschenhändlern. Der Vorwurf richtet sich insbesondere gegen fünf deutsche Organisationen. Die Staatsanwaltschaft bleibt aber bisher Nachweise schuldig. Sie hat kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, obwohl sie von angeblichen Beweisen spricht, die die Kooperation zwischen Schleppern und Helfern belegten. Wenn diese Beweise stichhaltig wären, müsste eine Anklage wegen Beihilfe zur illegalen Einreise folgen. Das ist aber nicht der Fall. Doch der Ruf der Hilfsorganisationen ist beschädigt. Bieten sie Schleppern und Flüchtlingen einen zusätzlichen Anreiz für die Überfahrt nach Europa?
Der Vorwurf ist falsch, wenn man sieht, dass nach dem Ende der staatlichen, italienischen Hilfsoperation Mare Nostrum im Herbst 2014 die Zahl der Überfahrten anstieg, obwohl keine Hilfsorganisationen vor Ort waren. Die Helfer füllen nur ein Vakuum, das die EU hinterlassen hat. Gesetzesverstöße, auch im Namen der Humanität begangen, müssen geahndet werden. Die Hilfsorganisationen kommen aber der Pflicht zur Rettung von Menschenleben nach. Nicht sie sind der Anziehungsfaktor für die Flüchtlinge. Das sind Europas Wohlstand und Nähe zu Afrika.