Was Aktien aus Europa beflügelt
Nach dem europafreundlichen Ausgang der französischen Präsidentschaftswahl sind die systemischen Risiken für Europa zumindest vorerst vom Tisch. Der Blick auf Fundamentaldaten ist damit wieder frei. Tatsächlich zeigt sich das Weltkonjunkturklima robust. Selbst die Wirtschaft der Eurozone stabilisiert sich. Begleitet wird diese Entwicklung von steigenden Unternehmensgewinnen. An dieser Stelle kommen die Notenbanken und konkret die EZB ins Spiel. Kommt jetzt der Anfang vom Ende der beispiellos konjunkturfördernden Geldpolitik und damit der mehrjährigen Liquiditätshausse?
Die Weltwirtschaft arbeitet sich zum ersten Mal seit 2011 in die Boom-Phase vor. Niederschlag findet diese fundamentale Verbesserung in einem ordentlichen Gewinnwachstum der USA, der Eurozone und Deutschlands.
Auf regionaler Ebene beschreiben die vom Finanzdatenanbieter Sentix unter 4000 Investoren ermittelten Konjunkturerwartungen für die nächsten sechs Monate jedoch ein uneinheitliches Bild. Abgeebbte politische Risiken im SuperWahljahr 2017 und verflüchtigte Deflationsängste lassen die Eurozone und vor allem Deutschland in der Gunst der Befragten steigen. Im Gegensatz dazu hat sich das Konjunkturvertrauen in die USA nach einem sprunghaften Anstieg in Folge des US-Wahlsiegs von Trump wieder auf das Niveau von vor der Wahl zurückgebildet. Nach enttäuschenden ersten 100 Tagen im Amt wird längst nicht mehr mit einer raschen Umsetzung der „Trumponomics“gerechnet – also der Wirtschaftspläne Trumps.
In der Eurozone will die EZB an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten. So sei es – laut Mario Draghi – weiter nötig, den „sehr substanziellen“Konjunkturimpuls aufrechtzuerhalten. Die Triebfeder EZB für Aktien der Eurozone bleibt nicht nur bestehen. Jede weniger üppige Geldpolitik wird als Beweis für eine Konjunkturstabilisierung der Eurozone und damit fundamentales Argument für Aktien aufgefasst. Aktien der Eurozone zeigen gegenüber US-Titeln Stärke. Vor allem deutsche export- und industrielastige Aktien – auch die der zweiten Reihe – profitieren typischerweise von verbesserten Aussichten der Weltwirtschaft.
Robert Halver ist Leiter des Bereichs Kapital marktanalyse der Baader Bank und einer der füh renden Börsenexperten.