Damit Augsburgs Plätze lebenswerter werden
Jeder hat das Recht, öffentlichen Raum zu nutzen. Doch was geschieht, wenn sich unterschiedliche Gruppen gegenseitig beeinträchtigen? Warum die Stadt vor einem schier unlösbaren Problem steht
ffentliche Plätze prägen das Gesicht einer Stadt. In Augsburg trifft dies vor allem auf den Rathausplatz zu: Mit der Kulisse des Holl’schen Rathauses im Hintergrund ist er für Touristen und Einheimische eine Schau. Dass die Menschen hier gerne ihre Freizeit verbringen, ist verständlich. Und es ist auch schön: Ein belebter Platz zeugt von einer lebendigen und offenen Stadt. Und wollen wir nicht alle in einer solchen leben?!
Dennoch ist der Rathausplatz zuletzt negativ in die Schlagzeilen geraten. Das liegt daran, dass ihn nicht nur die nutzen, die sich ruhig verhalten und nach ihrem Aufenthalt ordentlich den Müll entsorgen. Der Rathausplatz zieht auch Punks und Jugendliche an, die laut Musik hören, sich betrinken, grölen und bisweilen Passanten anpöbeln. Diesen Montag kam es auf dem Platz zu einem weiteren Vorfall: Eine Gruppe von Migranten belästigte zwei Frauen. Erst als eine mit dem Handy die Polizei rief, ließen die Männer von den beiden ab.
Das Bild vom „Sommerwohnzimmer Rathausplatz“, das die Stadtregierung so gerne transportiert, wird durch solche Vorkommnisse getrübt. Dafür muss man nicht mal Zeuge einer entsprechenden Situation werden – es reicht, davon zu erfahren, schon kann das Gefühl entstehen, dass man sich in Augsburg nicht mehr sicher fühlen kann. Der Fakt, dass Augsburg in der Kriminalitätsstatistik deutschlandweit gut abschneidet, ändert nichts am subjektiven Empfinden mancher Bürger. Wer Angst hat, er könnte belästigt werden, wird den Rathausplatz meiden.
Doch wenn Zahlen und Fakten nicht überzeugen können, was dann? Die Stadt hat Möglichkeiten, die Situation zu entschärfen. Nur: Mehr Mülleimer, flotte Sprüche auf dem Pflaster, stärkere Kontrollen und Platzverweise allein werden kaum helfen. Solche Maßnahmen tragen allenfalls dazu bei, dass die Punkerszene sich vom Rathauszum Hollplatz verlagert, wo sie mangels sozialer Kontrolle (der Platz ist oft menschenleer) tun und lassen kann, was sie will. Der Einsatz zusätzlicher Streetworker am Rathausplatz könnte eher eine Lösung sein. Doch wenn das Personal dafür aus den Stadtteilen abgezogen wird, ist keinem geholfen.
Der Sommer in Augsburg wird vor diesem Hintergrund interessant. Denn während die Stadt versucht, den Rathausplatz (wieder) zum Wohnzimmer aller zu machen, eskaliert die Situation andernorts fast regelmäßig. Beispiel Königsplatz: Immer wieder kommt es hier zu Auseinandersetzungen in der Trinker- und Drogenszene. Dass man den Park im Zuge des Kö-Umbaus auslichtete, um die Aufent- haltsqualität zu steigern, half nichts. Seit Beginn des Bahnhofsumbaus ist die Lage sogar noch schlimmer geworden, weil sich die BahnhofsKlientel ebenfalls Richtung Kö verlagert. Am Oberhauser Bahnhof ist die Situation seit Jahren unbefriedigend. Und am Flößerpark, geplant als Wohlfühl-Oase am Lechufer, tummeln sich inzwischen ebenfalls die, die am Rand der Gesellschaft leben. Probleme mit Außenseitern hat jede Großstadt, eine allgemein gültige Lösung gibt es nicht. Jeder Platz hat seine eigene Dynamik, Studien belegen zudem, dass Plätze nirgendwo gebaut werden und dann für immer nach dem selben System „funktionieren“: Weil sich die Gesellschaft und ihre Gewohnheiten ändern, werden Städte die Nutzung ihrer Plätze immer wieder überdenken müssen.
In Augsburg gibt es gute Beispiele für die Nutzung öffentlicher Anlagen. Großen Charme hat aktuell die Aktion „Play Me, I’m Yours“: Die Klaviere, die an ausgewählten Plätzen aufgestellt wurden, werden gut angenommen. Nun, da es wärmer ist, gibt es oft Konzerte vor zufällig zusammengelaufenem Publikum. Dies lässt auch einen Rückschluss zu: Eine Stadt muss nicht immer mit großem Aufwand Feste organisieren. Oft reicht ein kleiner Impuls, um die Bürger ihre Stadt positiv wahrnehmen zu lassen.