Gott rechnet anders
Liebe Leserin, lieber Leser,
am Freitag war es wieder so weit: der Notenschluss. Ab jetzt wird wieder gerechnet an bayerischen Schulen. Die erbrachten Leistungen des vergangenen Schuljahres werden nun zusammengezählt und die Jahresnoten errechnet. So mancher Schüler mag nun zittern und bangen, ob er sich nicht verrechnet hat; so manche Schülerin darauf hoffen, der Lehrer möge gnädig sein und ihr doch noch die bessere Note geben. Groß ist die Aufregung in diesen Wochen in vielen Kinder- und Jugendzimmern und so mancher Familie. Was wird am Ende schwarz auf weiß im Zeugnis stehen? Ist das Klassenziel erreicht, das Vorrücken möglich oder muss noch eine Ehrenrunde gedreht werden?
Zeugnisse, sie sind der sichtbare Beweis, ob ich mit dem, was ich zu leisten vermocht habe, bestanden habe oder nicht. Und sie begleiten mich ein Leben lang. In der Schule ebenso wie in der Ausbildung und der Arbeitswelt. Immer wieder werde ich beurteilt – und manches Mal sogar abgeurteilt. Ja, in jeder Begegnung, die ich habe, jedem Gespräch, das ich führe, muss ich immer damit rechnen, dass mein Gegenüber sein Urteil über mich fällt. Ob es nun gut oder schlecht ausfällt, entscheidet sich oft nur an Kleinigkeiten. Wie entlastend ist da der Wochenspruch aus dem Epheserbrief: „Aus Gnaden seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gnade ist es“(Epheser 2,8).
Gott rechnet anders. Vielmehr: Gott rechnet eben nicht, wo es um Menschen geht. Er rechnet nicht auf und nicht an, was wir so zustande bringen oder auch nicht. Und vor allem rechnet Gott nicht mit uns ab. Denn Gott ist nicht berechnend – wie wir das ja oft sein mögen. Er wirft einen gnädigen Blick auf unser Tun und Lassen. Er sieht nicht nur unsere Leistungen, sondern uns als ganzen Menschen, darauf können wir vertrauen. Und er schreibt gewiss keinen von uns ab, ganz gleich welche Zeugnisse uns auch die Welt ausstellen mag.