Ein trauriger Tag für Marcel Kittel
Der erfolgsverwöhnte Erfurter gerät früh in Rückstand und verpasst so seinen sechsten Etappensieg deutlich
Romans sur Isère Strahlemann Marcel Kittel hat den ersten traurigen Tag bei der 104. Tour de France erlebt. Aus dem avisierten sechsten Etappensieg wurde nichts. Außerdem holte der Australier Michael Matthews bei seinem zweiten diesjährigen Etappensieg vor Edvald Boasson-Hagen und dem unglücklichen John Degenkolb auch in der Punktwertung im Kampf um Kittels Grünes Trikot mächtig auf. Er liegt jetzt nur noch 29 Punkte hinter dem fünfmaligen Etappensieger. Die Favoriten auf den Toursieg taten sich vor Beginn der beiden harten Alpen-Etappen auf dem 16. Tagesabschnitt zwischen Le Puy-en-Velay und Romans-sur-Isère auf lediglich 165 Kilometern nicht weh. Das Pech bleibt Degenkolb indes auch bei seiner fünften Tourteilnahme treu – der Sieger der Superklassiker Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix wartet weiter auf seinen ersten Sieg. Am Dienstag war er nah dran, auf den letzten Metern aber etwas eingeklemmt. Er protestierte wegen einer angeblichen Behinderung durch Matthews. Spitzenreiter bleibt der dreimalige Toursieger Chris Froome mit weiter 18 Sekunden Vorsprung vor Fabio Aru, 23 Sekunden vor Romain Bardet und 29 Sekunden vor der Tour-Überraschung Rigoberto Uran.
Den erhofften sechsten Erfolg konnte sich Kittel schon früh abschminken. Das Streckenprofil mit zwei Anstiegen im ersten Drittel und die aggressive Fahrweise des Feldes vom Start weg vereitelten den Plan des 29 Jahre alten Erfurters. Der Mann in Grün, der bisher in Massensprints umjubelt und unbezwingbar war, geriet schon nach 20 Kilometern ins Hintertreffen. Er fuhr in einer abgehängten Gruppe, und auch zwei Helfer seiner Quick-StepMannschaft konnten bei starkem Wind und großer Hitze nicht für den Wiederanschluss an das Hauptfeld sorgen. Das deutsche Sunweb-Team machte an der Spitze des Feldes für Matthews und gegen Kittel gnadenlos Tempo. Zudem musste der Quick-Step-Kapitän auf den Ex-Weltmeister Philippe Gilbert verzichten. Der Belgier war zur 16. Etappe wegen einer Magen-Darm-Erkrankung nicht mehr angetreten. Der frühe Rückstand Kittels sorgte auch dafür, dass der Erfurter als Spitzenreiter der Punktewertung schon vor dem Zielsprint weiter Boden verlor. Sein Verfolger Matthews sicherte sich als schnellster im Zwischensprint von Chantemerle-Les-Blés bereits die ersten Punkte.
Die abgeschlagene Kittel-Gruppe hatte mehr als zehn Minuten Rückstand auf die Besten. Damit ist auch klar, dass die Uralt-Rekorde der Tour bestehen bleiben. Die beiden Belgier Eddy Merckx und Freddy Maertens sowie der Franzose Charles Pelissier hatten in einem Jahr acht Etappen gewonnen.