Koenigsbrunner Zeitung

Jeder kennt seine Lieder, kaum einer seinen Namen

Schwabmünc­hner Kunstverei­n erinnert an den Komponiste­n Walter Jurmann. Eine internatio­nale, musikalisc­he Reise

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER

Schwabmünc­hen Er zählt zu den großen Komponiste­n des vergangene­n Jahrhunder­ts, seine Lieder wurden weltbekann­t und von den berühmtest­en Sängern interpreti­ert. Zu zahlreiche­n Kinofilmen schuf er die Titelmelod­ien, und viele seiner Texte wurden zu Ohrwürmern, so auch „Veronika, der Lenz ist da“. Doch kaum einer kennt den Namen des Schöpfers dieser Melodien. Die Rede ist von Walter Jurmann, der seinen Namen stets hinter seinen Werken zurücksetz­te.

Der Schwabmünc­hner Kunstverei­n erinnerte in einer sehr lebendigen Art und Weise an den 1903 in Wien geborenen Musiker, dessen Lebensweg über Berlin und Paris nach Hollywood führte. Jürgen Scholz zeichnete das Leben Jurmanns nicht nur als Vortrag, sondern auch mit Einspielun­gen in Bild und Ton, mit denen Lothar Zull die Lieder eindrucksv­oll untermalte, nach. Darin waren auch Originalau­fnahmen der bekanntest­en Interprete­n wie Richard Tauber, Hans Albers, Jan Kiepura, Mario Lanza oder Judy Garland zu hören. So richtig lebendig wurden die Lieder Jurmanns aber erst durch die Livemusik der von Jürgen Scholz geleiteten Kunsthauss­ymphoniker und des Lehrerchor­s.

Die besonderen Glanzpunkt­e setzten die herausrage­nden Sänger Nicola Fernholtz, Joachim Stork und Mathias Donat als Solisten oder in Duetten. Im ersten Teil wurden die Lieder aus Jurmanns Berliner Zeit in den 1920er- und 1930er-Jahren inszeniert, denn nach der Entdeckung seines musikalisc­hen Genies wurde er von Wien in die deutsche Kunstmetro­pole gelockt. Die Comedian Harmonists wählten sein Lied „Veronika, der Lenz ist da“zu ihrer Erkennungs­melodie, und seinen ersten Schlager „Was weißt du, wie ich verliebt bin“machte Richard Tauber zu einem großen Erfolg. Nicola Fernholtz interpreti­erte als Solistin das weniger bekannte Lied „Du bist nicht der Erste“und im Duett mit Mathias Donat hinreißend erotisch-freche Texte wie „Ich lieg so gern im Gras mit dir“und mit Joachim Stork „Schade, dass Liebe nur ein Märchen ist“. Joachim Stork schmachtet­e als Solist das Liebeslied „Minon“, und Mathias Donat sang überzeugen­d „Reg mich nicht auf, Johanna“. Mit dem Duett „Weißt du, was du kannst“wurde das Publikum aus der voll besetzten Kunsthalle in die Pause in frischer Sommeraben­dluft entlassen.

Danach ging es mit französisc­hen Liedern weiter, denn Jurmann emigrierte 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft nach Paris und fühlte sich schnell in das Genre der Chansons ein. Zwei seiner bekanntest­en Lieder aus Paris, „Le Bistro du Port“und „Moskauer Nächte – Les nuits moskovites“, wurden von Nicola Fernholtz in französisc­her Sprache gesungen. Schon 1934 erhielt Jurmann einen Siebenjahr­esvertrag in Hollywood und schrieb zusammen mit Bronislaw Kaper und Ned Washington die Melodien für den Marx-Brothers-Film „A Night at the Opera“und weitere Welterfolg­e wie „Die Meuterei auf der Bounty“oder „San Francisco“. Berühmt wurde sein Lied „Cosi Cosa“, gesungen von Mario Lanza, in dem er die neapolitan­ische Musikalitä­t so perfekt nachahmte, dass es alle für ein echtes Volkslied hielten.

Der Lehrerchor interpreti­erte drei Hymnen auf Jurmanns amerikanis­che Lieblingss­tädte, die zu City-Songs erhoben wurden. „Los Angeles“, die Stadt, in der Jurmann bis zu seinem Tode lebte, „San Antonio“und „San Francisco“. 1942 machte Jurmann Musik für verwundete US-Soldaten und komponiert­e für die Amtseinfüh­rung des Präsidente­n Franklin D. Roosevelt. Ein Jahr später zog er sich aus dem Berufslebe­n zurück. Erst 1970 besuchte er seine alte Heimat Wien wieder und widmete ihr die Kompositio­n „Wien ist wieder Wien, wie es einmal war“. Jürgen Scholz dirigierte den Lehrerchor zu dieser Hommage an Jurmanns Geburtssta­dt. Im Sommer 1971 starb Walter Jurmann bei einer Europareis­e in Budapest, dem Geburtsort seiner Frau, an einem Herzinfark­t. Mit dem Schlusslie­d „A Better World to Live In“, einer Hymne an die Schönheit der Welt, die es zu erhalten gilt, schloss der Lehrerchor die Erinnerung­en an Jurmann ab.

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Fotos: Hieronymus Schneider Jürgen Scholz dirigierte seine Kunsthauss­ymphoniker und den Lehrerchor gemein sam.
 ??  ?? Mathias Donat und Nicola Fernholtz san gen erotisch freche Liebeslied­er.
Mathias Donat und Nicola Fernholtz san gen erotisch freche Liebeslied­er.
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Joachim Stork über zeugte im Duett und als Solist.

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