Der tragische Josef Levi
Warum gelang dem Spirituosenhändler die Auswanderung nicht?
Fischach Das Haus, in dem Erna Mayerle (Jahrgang 1929) in Fischach wohnt, hat eine bewegte Geschichte. Es gehörte zunächst dem jüdischen Spirituosenhändler Josef Levi (Jahrgang 1891). Im Februar 1939 hatte er bei der Gemeinde Fischach einen Reisepass beantragt, doch gelang ihm nicht mehr die Flucht ins Ausland. Warum? Vielleicht hatten die älteren Leute zu lange in der alten Heimat ausgeharrt, bis es schließlich zu spät für die Auswanderung war, vermutet Michael Piller, der sich viele Jahre lang mit der Historie von Fischach und dabei auch speziell mit der Geschichte der jüdischen Einwohner befasst hatte. Zudem verarmten die jüdischen Familien immer mehr, schreibt Piller in einem Beitrag für den Jahresbericht des Heimatvereins von 1978/79 weiter. Schließlich war ihnen eine berufliche Tätigkeit verboten worden.
Jakob Demmel (Jahrgang 1925) erinnert sich an seine letzte Begegnung mit Josef Levi. Die war just am Tag seiner Deportation. Um 11 Uhr am 1. April 1942 sollten sich die ausgewählten jüdischen Mitbürger am Bahnhof einfinden und dort auf den Mittagszug warten. „Die Schulkinder sollten davon nichts mitbekommen und hatten an diesem Tag länger Schule“, sagt Demmel. Er selbst war im Jahr 1942 Lehrbub bei einem Elektriker und kam zum Ablesen des Stroms ins Haus von Josef Levi. Als beide im Keller waren, sagte Levi zu ihm: „Jetzt trinken wir noch einen Likör und dann hau ich alles zusammen, die sollen nichts von mir kriegen.“Josef Levi gilt als verschollen in Piaski.
Zurück zum Wohnhaus, das damals die Nummer 29 trug und ein großes landwirtschaftliches Anwesen in der Fischacher Hauptstraße war. Im November 1942 konnte es die Tante von Erna Mayerle kaufen, für damals 17 000 Reichsmark, wie Michael Piller schreibt. „Später musste das Haus noch einmal bezahlt werden“, sagt Erna Mayerle. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches kümmerte sich ein Anwalt in Augsburg um die Ansprüche der Nachkommen der Fischacher Juden.