Wie sich zwei Abspeck Firmen aus der Region bekämpfen
Ein Detektiv schleust sich als Testkäufer bei einem Unternehmen ein. Er hört dort Aussagen, die sich gegen einen Wettbewerber richten. Später sehen sich alle Beteiligten vor Gericht
Der Detektiv erscheint nicht. Es ist Prozesstag am Landgericht Augsburg, der Mann ist in einem Zivilverfahren ein wichtiger Zeuge und geladen. Doch er kommt nicht. Er sei auf einer Observation, teilt eine Mitarbeiterin von ihm dem Richter mit, der versucht, den Detektiv telefonisch zu erreichen, um in Erfahrung zu bringen, wo der Mann steckt. Ohne den Zeugen ist die Beweisaufnahme nur schwer möglich, denn um das, was der Mann sich angehört hat, geht es hier.
Der Detektiv war im Auftrag eines Unternehmens aus der Region unterwegs gewesen. Eine vergleichsweise große Firma, die Kunden spezielle Therapien und Begleitung anbietet, wenn sie abnehmen wollen, und in diesem Segment einer der Marktführer in Deutschland ist. Der Mann ging unter falschem Namen zu einem kleineren Konkurrenzunternehmen aus der Region und meldete sich dort für eine Therapie an. Diese Konkurrenzfirma bietet ebenfalls Konzepte zum Abnehmen an, und zwar solche, die für Außenstehende von denen des Unternehmens, das den Detektiv beauftragt hatte, nur wenig zu unterscheiden sind.
Während der Mann also so tat, als würde es ihm darum gehen, Kilos zu verlieren, hörte er hin, was man ihm zu sagen hatte. Dabei sollen unter anderem Sätze gefallen sein, dass die Konkurrenz „wesentlich teurer sei bei schlechteren Produkten“und keine Nachbetreuung mache. Sätze, die das große Unternehmen, in dessen Auftrag der Detektiv handelte, nicht gerade erfreuten. Die Firma witterte unlauteren Wettbewerb und klagte schließlich gegen den Wettbewerber. So kam der Fall vor das Augsburger Landgericht.
Dort sahen sich die Parteien nicht zum ersten Mal – und vielleicht auch nicht das letzte Mal. „Sie streiten ganz fürchterlich miteinander“, sagte der Richter zu Beginn der Verhandlung; eine Einschätzung, die sich nur schwerlich widerlegen lässt. Es hatte eine Zeit gegeben, da zogen alle Beteiligten an einem Strang. Das war, als der Geschäftsführer der beklagten Abnehm-Firma und seine Mutter noch für die Klägerin arbeiteten. Das war, ehe sich der Geschäftsführer selbstständig machte und als Geschäftsidee ein ähnliches Modell wählte wie das seines ehemaligen Arbeitgebers.
Seitdem liefen mehrere Zivilprozesse, in denen es darum ging, dass der neue Konkurrent auf dem Markt Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht begangen hat oder begangen haben soll. Mal ging es um in der Zeitung geschaltete Werbung, in denen der Slogan „ohne Jo-Jo-Effekt“auftauchte, mal um die Behauptung, hinter dem jungen Unternehmen stecke ein „Team mit über 20 Jahren Erfahrung“. Und nun um Aussagen, die gegenüber einem Testkäufer getätigt wurden.
Es sind Fälle, die zeigen, mit welchen Bandagen Firmen zum Teil kämpfen; es sind aber auch Fälle, die verdeutlichen, wie schnell Unternehmen sich rechtlich angreifbar machen können, wenn sie für ihre Produkte werben. Einen Testkäufer in eine Konkurrenzfirma zu schicken, wie es einer der Marktführer auf dem Gebiet der Abnehm-Unternehmen nun getan hat, ist grundsätzlich zulässig. Irreführend zu werben, ist es nicht. Sich negativ über einen Wettbewerber zu äußern, kann problematisch werden.
So sehr sich die beiden Firmen zuletzt auch gestritten haben: Im jetzigen Fall einigte man sich schließlich. Das jüngere und kleinere Unternehmen erkannte nach Auskunft des Landgerichtes die einstweilige Verfügung an, die der Klage vorangegangen war. Demnach ist es der Firma nun untersagt, die Aussagen, die gegenüber dem Detektiv getätigt worden waren, gegenüber anderen Kunden zu wiederholen.
Und der Detektiv selbst? Musste daher nun nicht mehr als Zeuge aussagen. Dafür, dass er am ursprünglichen Verhandlungstermin nicht anwesend, sondern auf einer Observation war, musste er allerdings ein Ordnungsgeld zahlen.