Fachkräftemangel am Beckenrand
Bademeister sein galt früher einmal als Traumjob. Mittlerweile tun sich die Betriebe aber immer schwerer, geeignetes Personal zu finden. Wir haben uns im Bobinger Freibad nach den guten und schlechten Seiten des Jobs erkundigt
Bobingen Braun gebrannt, durchtrainiert, umringt von schönen Frauen – so kennen wir das Leben eines Bademeisters aus Filmen wie „Baywatch“. So etwas müsste also ein begehrter Beruf sein. Doch die Betreiber von Bädern tun sich schwer, Nachwuchs für die in der Realität breit gefächerte und verantwortungsvolle Aufgabe zu finden. In Bobingen sind zwar noch alle Arbeitsplätze besetzt, ausfallen darf aber niemand mehr, denn Nachwuchs ist nicht in Sicht.
Bernhard Langert, Leiter der Bäderbetriebe in Bobingen, bestätigt, dass es immer schwieriger würde, geeigneten Nachwuchs zu finden. Gehen den Bädern also die Bademeister aus? Das war doch einmal der Traumberuf. Doch wie so oft sieht die Realität anders aus. Langert erklärt, dass es schon etwas mehr zu diesem Beruf bräuchte, als nur stolz am Beckenrand zu stehen.
Zunächst einmal die Ausbildung. Der oder die künftige „Fachangestellte für Bäderbetriebe“, wie der Bademeister heute korrekt genannt wird, macht eine dreijährige Ausbildung. Dabei gibt es einen praktischen Teil im Bad und Blockbeschulung bei der bayerischen Verwaltungsschule in München. Am Ende steht dann wie in jedem Ausbildungsberuf die Prüfung.
Allerdings kommen hier noch die speziellen Anforderungen, vor allem im körperlichen Bereich, dazu. Es wird eine Ersthelfer-Ausbildung benötigt und das Rettungsschwimmerabzeichen in Silber. Beide Befähigungen sind im zweijährigen Turnus zu erneuern. Zusätzlich muss der Mitarbeiter jedes Jahr nachweisen, dass er auch wirklich in der Lage ist, jemanden aus dem Wasser zu ziehen.
Der Betriebsleiter des Bobinger Bades, Andreas Jasinsky, erklärt: „Das ist schwieriger, als es aussieht. Man muss körperlich absolut fit sein und wissen, was man tut.“Zudem seien nicht nur die körperlichen Anforderungen hoch, auch die mentalen wären nicht zu unterschätzen. Nach sieben Arbeitsstunden bei über 30 Grad am Beckenrand müsse die geistige Frische erhalten bleiben, um im Notfall schnell reagieren zu können. Falsche oder gar unterlassene Hilfeleistung kann schnell ein Nachspiel vor Gericht haben. Somit wäre auch mental eine Drucksituation gegeben. Auch die Badegäste reagierten oft immer aggressiver, sagt Jasinsky: „Die Zahl an verbalen Auseinandersetzungen und Beleidigungen, denen das Personal ausgesetzt ist, wird größer.“Auch dies sei eine Entwicklung, die den Beruf des Bademeisters nicht unbedingt attraktiver mache.
Vivien Kurfer, angehende Schwimmmeisterin in Bobingen, ergänzt, dass der Beruf grundsätzlich nicht mit einem Bürojob vergleichbar sei. Die Arbeit an der frischen Luft sei natürlich schön. Aber sie fordere einen auch. An sonnigen Tagen sei die UV-Belastung nicht zu vernachlässigen. Daher erhielten alle Mitarbeiter ihre Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor vom Arbeitgeber. Auch Sonnenbrille und Hut werden gestellt. Trotzdem werde immer häufiger von Hautkrebsfällen unter Schwimmmeistern berichtet. Daher sei gewissenhafter Schutz unumgänglich.
Zudem trage man als Aufsicht am Beckenrand eine große Verantwortung. In so jungen Jahren sei das in einem anderen Job nicht so schnell der Fall. Auch diejenigen, die denken, ein Schwimmmeister arbeite nur an schönen Tagen, müsse sie enttäuschen. „Arbeit gibt es immer“, sagt Kurfer und lacht. Das Bad müsse instand gehalten werden, die Technik gewartet und die Becken gesäubert werden. Auch Hecken schneiden und liegen gelassenen Müll beseitigen gehöre dazu. Und die Arbeitszeiten an Wochenenden und Feiertagen seien auch nicht immer nur ein Grund zur Freude. Ganz zu schweigen von der Urlaubssperre von April bis Mitte September.
Aber die vielen positiven Begegnungen im Bad und zusammen mit dem Team würden auch immer wieder für erfreuliche Momente sorgen. Dass man eine Arbeit macht, die den Menschen zugutekommt, entschädige für Vieles. Die Ausbildung zur Schwimmmeisterin sei übrigens vergleichbar mit der Meisterprüfung im Handwerk. Sie dauere etwa eineinhalb Jahre und die Kosten liegen in etwa der gleichen Höhe wie beim Handwerksmeister. Ein späteres Bachelorstudium sei auch beim Schwimmmeister möglich. Damit seien weitere Entfaltungsmöglichkeiten gegeben. So liegen also auch beim vermeintlichen Traumjob Bademeister, der längst nicht mehr so heißt, Vorstellung und Realität etwas auseinander. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Verantwortlichen die Herausforderungen meistern werden und doch der ein oder andere Jugendliche diese Ausbildung ins Auge fasst. Damit auch in Zukunft im Freibad der Ruf noch zu hören sein wird: „Nicht vom Beckenrand springen!“