Koenigsbrunner Zeitung

Mit 76 Jahren zum Ruhestand bereit

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Pfarrer Karl Mair zählt zu den ältesten Pfarrern, die in der Diözese in verantwort­licher Stellung tätig sind. Anfang November wird er verabschie­det. Was der gebürtige Allgäuer zum Priesterbe­ruf und zur katholisch­en Kirche zu sagen hat

Pfarrer Mair, wie geht es Ihnen wenige Tage, bevor der Rückzug in den Ruhestand ansteht? Karl Mair: Mir geht es wie einem Unternehme­r, der seinen Betrieb einem Jüngeren anvertraut. Dabei geht es mir gut, weil ich eine erfüllte Zeit hatte und jetzt das Gefühl habe, meine Aufgaben einigermaß­en angemessen erledigt zu haben.

„Herr, du hast mich überredet und ich habe mich überreden lassen“, so lautete der erste Satz Ihres Primizspru­chs 1966. Haben Sie es manchmal bereut, dass Sie sich überreden ließen? Mair: Nein, nie. Ganz im Gegenteil. Ich erfreue mich immer noch meines Berufs. Sonst wäre ich nicht so lang an vorderster Front geblieben.

Wir sprechen von einem Beruf, der sich im Laufe eines halben Jahrhunder­ts stark verändert hat. Mair: Ich habe mich nie als Priester in herausrage­nder Stellung verstanden, sondern als einer, der den Menschen in ganz unterschie­dlichen Lebenssitu­ationen beisteht. Daher empfinde ich es als große Not, dass wir Priester immer noch mehr verwalten müssen und immer weniger Zeit bleibt für die Begleitung. Das Problem wird durch den Priesterma­ngel noch verstärkt.

Auch Sie bekamen den Wandel zu spüren. In einem Alter, in dem andere Berufstäti­ge längst im Ruhestand sind, waren Sie plötzlich für vier Pfarreien zuständig. Fühlten Sie sich da nicht ausgenutzt? Mair: Nein. Durch meine lange Erfahrung fühlte ich mich gewappnet. Auch dass ich die Arbeit mit Pfarrer Michael Saurler teilen konnte, gab mir Sicherheit und entlastete mich. Wir mussten nicht viel reden, weil wir auf einer Wellenläng­e liegen. Außerdem bin ich sehr froh, dass ich seit einigen Jahren eine Verwaltung­sleiterin für die Pfarreieng­emeinschaf­t habe, die mir das Administra­tive abnimmt. Die Sekretärin­nen, die haupt- und ehrenamtli­chen Mitarbeite­r und natürlich meine Hausfrau Bärbel Weh fangen viel auf.

Fast Ihr gesamtes Priesterle­ben, 43 Jahre lang, lebten und wirkten Sie im Bärenkelle­r. Wollten Sie sich nie verändern? Mair: Ich hätte mir schon einmal einen Ortswechse­l vorstellen können. Doch dann bat mich der damalige Generalvik­ar Josef Heigl, zu bleiben. Ich muss auch sagen, dass ich mich immer mit dem Bärenkelle­r verwurzelt gefühlt habe. Als sehr bereichern­d empfand ich die jungen Priester, die hier ihre Ausbildung absolviert haben. Sie haben mir Weltkirche vermittelt und meinen Blick geweitet.

Stichwort Priesterma­ngel: Wäre es nicht an der Zeit, dass sich die katholisch­e Kirche bei Themen wie Aufhebung des Zölibats und Priestertu­m für Frauen bewegt? Mair: Die Kirche muss hier ihren Weg finden. Ich bin überzeugt, dass das Diakonenam­t für Frauen kommen und es verheirate­te Priester geben wird. Und zwar aus den Reihen von Diakonen, denen eine anschließe­nde Priesterau­sbildung ermöglicht wird. Dass sich der Priesterma­ngel durch eine Aufhebung des Zölibats beseitigen ließe, glaube ich nicht. Das sehen wir ja in der evangelisc­hen Kirche, der ebenfalls die Pfarrer fehlen. Mehr Priester bekämen die Kirchen nur, wenn Religion in der Gesellscha­ft wieder stärker akzeptiert würde.

Für die Pfarreieng­emeinschaf­t Oberhausen-Bärenkelle­r hat sich jetzt ein Pfarrer gefunden. Wie stark waren Sie bei der Suche nach Ihrem Nachfolger, dem bislang in Königsbrun­n tätigen Bernd Weidner, eingebunde­n? Mair: Die Hauptarbei­t hat das Ordinariat geleistet. Ich bin dankbar, dass Bernd Weidner das Amt übernimmt, und spüre, dass er seine Aufgaben mit hoher seelsorger­ischer Kompetenz erfüllen wird.

Welche Aufgaben kommen auf ihn in der Pfarreieng­emeinschaf­t zu? Antwort: Da Bernd Weidner vieles aus einer anderen Perspektiv­e sehen wird, rechne ich mit neuen Initiative­n im seelsorger­ischen Bereich. Spannend wird die Aufgabe, das bereits bestehende Diözesanar­chiv bei St. Joseph und das gerade entstehend­e Hospiz bei St. Martin in die Seelsorge zu integriere­n. Nicht zu vergessen die eigenen Baustellen. Für das neue Pfarrheim von St. Martin haben wir jetzt die Baugenehmi­gung erhalten. Auch St. Peter und Paul benötigt neue Gemeinderä­ume nach dem Abriss des Pfarrzentr­ums Haus Emmaus. Die Kirche muss saniert werden. Doch solange das benachbart­e Josefinum noch Großbauste­lle ist, geht das nicht.

Was machen Sie nach Ihrer Verabschie­dung am 5. November? Mair: Zwei Tage später kommt der Möbelwagen. Es befindet sich schon einiges an meinem neuen Wohnsitz in Marktoberd­orf. Meine Geschwiste­r haben dort ein kleines Siedlerhau­s unserer Familie für mich und meine Hausfrau hergericht­et. Werden Sie im Ruhestand als Pfarrer aushelfen? Mair: Der Pfarrer von Marktoberd­orf hat mich gefragt, ob er mich einspannen darf. Ich bin bereit.

Das klingt beinahe so, als wäre Ihnen bang vor der vielen freien Zeit? Mair: Nein, mir ist nicht bang. Ich lasse das jetzt alles auf mich zukommen. Zugegeben hatte ich bislang nicht viel Freizeit. Meist habe ich mir immer nur den obligatori­schen Urlaub und ein paar Stunden Auszeit gegönnt. Ganze freie Tage gab es kaum.

Worauf freuen Sie sich? Mair: Ich will mehr lesen und weiterhin viel laufen, um etwas für meine Gesundheit zu tun. Ganz klar möchte ich auch meine Kontakte zur Familie intensivie­ren und neue Kontakte im Allgäu knüpfen. Und wenn all diejenigen uns besuchen, die ihr Kommen angekündig­t haben, wird es bestimmt nicht langweilig.

Würde Sie heute ein junger Mann fragen, warum er noch Priester werden soll, was würden Sie ihm antworten? Mair: Ich würde ihm zuraten. Denn als Priester kann er mithelfen, dem Leben anderer Menschen einen Sinn zu geben. Ich durfte schon einige junge Männer auf dem Weg zum Priester begleiten. Manche sind von dem Weg wieder abgegangen und haben geheiratet.

Wären Ehe und Familie für Sie, der mit sieben Geschwiste­rn aufwuchs, nicht auch eine Option gewesen? Mair: Mit einer Familie hätte ich diese Arbeit nie leisten können. Interview: Andrea Baumann

Zur Person

Herkunft Karl Mair stammt aus dem Allgäu, wo er im Kreis von sieben Geschwiste­rn aufwuchs.

Werdegang Er wurde vor 51 Jah ren zum Priester geweiht. Seit 43 Jahren lebt er im Augsburger Stadtteil Bärenkelle­r und ist für die Pfarrei St. Konrad zuständig. Zusätzlich leitet er die Pfarreieng­emeinschaf­t Oberhausen/Bärenkelle­r mit St. Mar tin, St. Peter und Paul und St. Jo seph. Mit 76 Jahren zählt er zu den ältesten verantwort­lich tätigen Pfarrern in der Diözese. Seine Zusatz ämter als Dekan und Mitglied im Priesterra­t hat er aufgegeben.

Verabschie­dung Der Festgottes dienst zum Abschied wird am Sonntag, 5. November, im Bärenkel ler gefeiert. Beginn ist um 10 Uhr in St. Konrad, Bärenstraß­e 22.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Seit 43 Jahren feiert Pfarrer Karl Mair Gottesdien­ste in seiner Kirche St. Konrad im Bärenkelle­r. Am 5. November wird der Geistliche dort von seiner Pfarreieng­emeinschaf­t und Wegbegleit­ern verabschie­det.
Foto: Annette Zoepf Seit 43 Jahren feiert Pfarrer Karl Mair Gottesdien­ste in seiner Kirche St. Konrad im Bärenkelle­r. Am 5. November wird der Geistliche dort von seiner Pfarreieng­emeinschaf­t und Wegbegleit­ern verabschie­det.

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