Bücher, die zum Aufschlagen zu schade sind
Marcus Fugger hatte eine Vorliebe für exklusive Einbände. Wie die Prachtbände in die Unibibliothek kamen
Marcus Fugger (1529 – 1597) sei gedankt. Seine Vorliebe für exklusive Bucheinbände verhalf der Augsburger Universitätsbibliothek zu einem einzigartigen Schatz. Denn sie hütet rund tausend Bände des kunstsinnigen Aristokraten, die fast zu schade zum Aufschlagen sind. In das teure, feine Kalbsleder ließ der Fugger seine Prachtdrucke einschlagen, stolz mit seinem Wappen mit der Lilie geziert, golden mit Ornamenten und Zierleisten geprägt und wie bei einem Kabinettschrank mit andersfarbigem Leder intarsiert.
„Er hatte direkten Zugang zum Buchbinder des französischen Königs“, erzählt Bibliothekar Günter Hägele, Leiter der Abteilung Handschriften, Alte Drucke und Sondersammlungen. So kunstvoll konnten damals nur wenige Werkstätten mit dem Material umgehen, neben Paris waren es Meister in Lyon. Auch in Italien und im Reich fand Marcus Fugger Könner des Metiers.
Anlässlich der Jahrestagung des Arbeitskreises der deutschen Einbandforscher präsentiert Hägele in der Schatzkammer der Unibibliothek nun diese Kostbarkeiten neben spätmittelalterlichen Preziosen aus schwäbischen Klöstern und aus dem fürstlichen Haus Oettingen, das sei- Bibliothek schließlich 1980 an die Universität Augsburg verkauft hat.
In das einfache, blassweiße Schweinsleder ließ Marcus Fugger nur Bände seiner Handbibliothek einschlagen. Es handelt sich um antike Klassiker, am Rücken klar beschriftet. Wertvollere Texte, etwa griechische Handschriften, machte er schon nach außen als Raritäten kenntlich. Mit verschlungenen Ornamenten, Grotesken und Wappen. Das prächtigste Stück hat einen Deckel, der aus schmalen Rahmen, eingelegtem Flechtwerk und geprägtem Ledergrund besteht. „In der Art gibt es nur zwei Exemplare auf der Welt“, sagt Hägele stolz.
Längst hat die Wissenschaft entdeckt, dass die Erforschung der historischen Bucheinbände nicht nur für Kunsthistoriker interessant ist. Sie geben auch Auskunft über Vorbesitzer und Herkunft, etwa durch ihr Wappen, Signaturen oder ihre besondere Verarbeitung. So verrät Hägele das Wasserzeichen der Vorsatzblätter des Buchbinders sicher die Herkunft aus Augsburg.
Amerikanische Forscher sprechen von „archäologischer Bibliografie“. Die Unibibliothek sieht längst ihre Bestände nach solchen Kriterien nochmals durch, um dort eingearbeitete ältere Bibliotheken zu identifizieren. Wie die von Marne cus Fugger im Oettinger Bestand. Bis 1933 war sie nicht mehr bekannt. Nach 300 Jahren entdeckte sie erst der Auktionator wieder, als er nach dem Tod des alten Fürsten zur Begleichung der fälligen Erbschaftssteuer einige lukrative Stücke zur Versteigerung auswählen sollte. Zum Glück habe er seine Auswahl so gestreut, dass die meisten Prachtbände Fuggers im Bestand blieben.
OAusstellung Sie läuft bis 20. Oktober in der Schatzkammer der Unibibliothek, geöffnet täglich außer Sonntag von 9.30 bis 18 Uhr. Außerhalb sieht man Einbände mit Bunt und Brokatpapieren und neuere Buchkunst. Eintritt frei.