Bond Girl und Winnetous große Liebe
Karin Dor war die Frau, die James Bond ohrfeigte. Und die Pierre Brice verzauberte. Nun ist die 79-Jährige gestorben
München „Sie sind ein Lügner!“Die Szene, in der Karin Dor als BondGirl Helga Brandt dem gefesselten Agenten erst eine schallende Ohrfeige gibt, ihn dann mit einem Skalpell bedroht und schließlich zärtlich küsst, gehört zu den eigenartigsten Momenten der Bond-Filme. An der Seite von Sean Connery war sie in „Man lebt nur zweimal“eine gefährliche rothaarige Schönheit – das bis heute einzige deutsche BondGirl. Das war 1967.
Die Deutschen hatten sie da schon längst ins Herz geschlossen, als Ribanna, die große Liebe des Apachenhäuptlings Winnetou aus den Karl-May-Filmen. Nun ist die Schauspielerin, die zuletzt in Bayern lebte, mit 79 Jahren gestorben.
Mit 17 Jahren erhielt Kätherose Derr, wie sie mit richtigem Namen hieß, ihre erste Rolle im „RosenResli“. Obwohl sie nur einen Satz sagen durfte („Himmlisch, Frau Chefin, einfach himmlisch!“), war Regisseur Harald Reinl hin und weg. Er engagierte sie für „Der schweigende Engel“und führte sie auch vor den Traualtar. Fortan ging es mit Dors Karriere nach oben. Mal war sie die verfolgte Unschuld, mal die schutzbedürftige Schönheit, sanft und etwas naiv. Reinl gab ihr Rollen in seinen „Winnetou“-Filmen ebenso wie in den Edgar-Wallace-Gruselstreifen, wo sie Joachim „Blacky“Fuchsberger kennenlernte. Dors Paradeblick: große, entsetzt aufgerissene Augen.
Dor wollte dieses Image hinter sich lassen. In „Zimmer 13“besetzte Reinl sie als pathologische Mörderin. In seinem zweiteiligen „Nibelungen“-Epos spielte sie die Brunhilde. 1967 dann ihre internationale Chance als Bond-Girl. Kurz darauf bekam sie ein Angebot von Alfred Hitchcock, der sie als heißblütige Kubanerin für den Spionagethriller „Topas“engagierte.
Privat ging es bei Dor auf und ab. 1955, im Jahr nach der Hochzeit mit Reinl, wurde Sohn Andreas geboren. 1968 kam die Scheidung, außerdem ein Schicksalsschlag: Krebs. Doch Dor ließ sich nicht unterkriegen, auch wenn es ruhiger um sie wurde. Sie spielte in US-Krimi-Serien, auch viele deutsche Filme folgten, etwa „König ohne Krone“, oder Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen. Gefallen fand Dor auch am Boulevard- und Komödientheater, wo sie unter anderem mit Claus Biederstaedt auftrat in dem Stück „Der Neurosenkavalier“.
Noch zwei Mal war Dor nach ihrer Trennung von Reinl verheiratet. Eine Kurzehe mit einem Kaufmann, dann ab 1988 mit dem Stuntman George Robotham, der 2007 starb. Unverbrüchlich treu blieb Dor „ihrem“James Bond, Sean Connery. Trotzdem küsst sie ihn leidenschaftlich. „Bei den ersten Proben dachte ich: Um Gottes willen, ist der langweilig!“, sagte Dor mal in einem Interview. „Aber als die Klappe fiel, war plötzlich alles da: der Wahnsinns-Charme, die Coolness und the sparkle, dieses berühmte Funkeln in den Augen. Er war phänomenal.“
Und dann ist da noch Pierre Brice. Der 2015 gestorbene Franzose hatte einen filmischen Lieblingsmoment, wie er einmal verriet – mit Dor, die ihn in „Winnetou II“anschmachtete. „Die Szene in der Tropfsteinhöhle ist meine allerliebste, wenn Karin Dor mir zuruft ,Was sagt Winnetous Herz?‘ und ich antworte ,Ribanna‘.“Er dürfte vielen Dor-Fans aus dem Herzen gesprochen haben.