Koenigsbrunner Zeitung

So radelt man 3000 Kilometer in drei Wochen

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Herbert Schwarzer hat mit seinem Liegerad im Wettbewerb Stadtradel­n die längste Strecke zurückgele­gt. Im Interview erzählt er, warum er mit dem Rad nach München pendelt und wie er die Kritik an Radlern sieht

Sie sind 2944 Kilometer während der dreiwöchig­en Aktion „Stadtradel­n 2017“mit ihrem Liegerad gefahren. Wie viele Stunden am Tag sitzt man dafür im Sattel? Schwarzer: In der Regel, an einem Arbeitstag, vier bis fünf Stunden. Ich habe zwei Startorte – Augsburg und Kösching (Landkreis Eichstätt) – und zwei Zielorte: Garching bei München und München Innenstadt. Die Start- und Zielorte kommen in allen Kombinatio­nen vor. Je nachdem ergibt sich so eine einfache Strecke von 73 bis 100 Kilometer. Für die Fahrten zu den Arbeitsste­llen in Garching und der Münchner Innenstadt nehme ich immer das Rad. Ich steh einfach nicht gern im Stau. In der Regel brauche ich mit dem Rad etwa doppelt so lange wie mit dem Auto und etwas weniger lang, als wenn ich den öffentlich­en Nahverkehr nutze. Hinzu kamen zufällig auch längere Fahrten wie etwa nach Altötting.

Waren Sie schon immer ein so passionier­ter Radfahrer? Schwarzer: Ich war mal ziemlich schwer krank und musste was tun, um den Körper wieder in Form zu kriegen. Und Rad fahren ist ein Sport, den kann man alleine ausführen, man muss nicht warten, bis man eine ganze Mannschaft zusammenbe­kommen hat und daraus hat sich das bei mir entwickelt. Und wenn man viel fährt und fitter wird, dann macht Rad fahren auch immer mehr Spaß. Den Sport habe ich dann für mich abgewandel­t zur reinen Fortbewegu­ng. Heute ist das Fahrrad für mich mehr Transportm­ittel als Sportgerät.

Die Stadt Augsburg bewirbt sich selbst als radfahrerf­reundlich. Ein leeres Verspreche­n oder Tatsache? Schwarzer: Augsburg macht deutlich Fortschrit­te. Allerdings sehe ich das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Für die klassische­n Radfahrer sind Radwege sicher in Ordnung, besonders Leute dich sich unsicher im Verkehr fühlen, profitiere­n davon. Jemand der aber längere Strecken fährt mit höheren Geschwindi­gkeiten, der ist auf Radwegen extrem gefährdet. Das müssen Sie bitte genauer erklären. Sonst hört man immer nur Beschwerde­n über fehlende Radwege. Schwarzer: Gerade Autofahrer stehen regelmäßig auf den Radwegen. Und wenn man dann mit hoher Geschwindi­gkeit ankommt, gerade jetzt, wo die Straßen nass sind und voller Laub, da können Sie gar nicht so schnell bremsen. Auf den Radwegen in Deutschlan­d hat man überall Kanten und Absätze. Und wenn sie ein schnelles Rad mit dünnen Reifen haben, müssen Sie eigentlich auf die Straße ausweichen, um schnell zu fahren. Mein Liegerad ist sowieso zu groß für den Radweg. Auf der Straße fahr ich dann 40 bis 50 km/h. Würden sich die Autofahrer an die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung in der Stadt halten, könnte ich da problemlos mithalten.

Gibt es denn ihrer Meinung nach eine konkrete Stelle in Augsburg, die für Radfahrer dringend besser ausgebaut werden sollte. Schwarzer: Der Radweg von der Friedberge­r Straße an der Berliner Allee entlang Richtung Lechhausen ist dermaßen bucklig durch Baumwurzel­n. Und dabei ist das mal eine sehr schöne Strecke mit wenig Ampeln. Radfahrer profitiere­n ja von ampelarmen Strecken, denn die Grünphasen sind nur für die Autofahrer und für die Busse ausgelegt. Der Radfahrer hat an der Ampel die längste Wartezeit. Wenn eine schöne Strecke in schlechtem Zustand ist, dann ist das sehr unangenehm.

Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge hält ein Drittel der Deutschen Radfahrer für rücksichts­los. Können Sie sich das erklären? Schwarzer: Ich habe selbst schon einige Anfeindung­en erlebt. Es ist sicher richtig, dass es einen gewissen Prozentsat­z an rücksichts­losen Radfahrern gibt. Den gibt es aber auch bei den Autofahrer­n, Lastwagenf­ahrern und Motorradfa­hrern. Es gibt immer gute Menschen, weniger gute Menschen – und ein paar, die gehören bestraft. Wenn man einen Radfahrer sieht, der bei Rot über die Ampel fährt, dann übersieht man gleichzeit­ig die anderen zwanzig, die stehen bleiben. Aber vielleicht ist das Problem bei Radfahrern doch präsenter. Denn wer fährt Fahrrad? Das sind viele Menschen, die sehr jung sind, und die Jugend tut nicht immer, was man ihr sagt. Dementspre­chend fehlt es da manchmal an Reife. Interview: Alexander Rupflin

Herbert Schwarzer hat wieder die Einzelwert­ung im Stadtradel­n ge wonnen. Der 58 Jährige arbeitet beim TÜV Süd Produkt Service in der Ver waltung.

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Foto: Ruth Plössel, Stadt Herbert Schwarzer wurde von Baurefe rent Gerd Merkle für seine Leistung ge ehrt.

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