Der Bundesliga-Profi, der Bälle aufpumpt
Porträt Kevin Danso spielt mit 19 in der Bundesliga und ist österreichischer Nationalspieler. Trotzdem hat er die Demut vor dem Spiel nicht verloren
Die Geschichte, die FCA-Trainer Manuel Baum erzählt, sagt vielleicht mehr über den Charakter von Kevin Danso als wohl psychologische Analysen. Am 3. März hatte der damals 18-jährige Innenverteidiger beim 2:2 gegen RB Leipzig in der WWK-Arena sein Debüt für den FCA gegeben, als bei der darauffolgenden Trainingseinheit zehn neue Bälle in der Kabine lagen. Danso nahm sie ohne Aufforderung sofort, beschriftete sie und pumpte sie auf. „Das zeigt seinen Charakter. Er hat seine Demut nicht verloren“, sagt Baum.
Für ihn ist Danso eines der größten Innenverteidiger-Talente in der Bundesliga. „Er wird seinen Weg machen.“Darum wird er auch heute gegen den FC Bayern spielen, gegen Robert Lewandowski, den wohl besten Stürmer der Bundesliga. Danso wird sich der Aufgabe stellen. Ruhig, gefasst, mit Respekt – aber ohne Angst. Er ist keiner, der angesichts seiner fast unglaublichen Karriereentwicklung abhebt. Grund genug hätte der nun 19-Jährige schon. Denn er hat inzwischen nicht nur elf Bundesligaspiele absolviert, auch in der österreichischen Nationalmannschaft ist er eine feste Größe. Doch so ist er nicht erzogen.
Als jüngster von drei Söhnen ghanaischer Eltern kommt er im österreichischen Voitsberg in der Steiermark zur Welt. Seine Eltern waren dorthin vor der Not in der Heimat geflohen. Sein Vater arbeitet als Hilfskraft in einer Fabrik. Als Kevin sechs ist, siedeln die Eltern nach England um. Ihre drei Kinder sollen englischsprachig aufwachsen. Da alle die österreichische Staatsangehörigkeit angenommen hatten und damit EU-Bürger sind, ist das kein Problem. In Milton Keyes, nördlich von London, werden sie sesshaft. Kevin spielt Rugby und Fußball. Sein fußballerisches Talent ist aber größer. 2014 geht er den nächsten Schritt – zu einem Profiverein. Aber nicht zu einem englischen, sondern zum FC Augsburg. Warum? In England hätte er wohl die Schule abbrechen müssen, um seinen Traum vom Fußball-Profi verwirklichen zu können. Das will die Familie aber nicht. In Augsburg darf er sein Abitur machen. Augsburg ist eine Herausforderung. „Ich habe zehn Jahre lang kein Wort Deutsch gesprochen, habe die Sprache komplett vergessen“, erzählt Danso später. Zudem kann er ein Jahr nur trainieren, weil er keine Freigabe erhielt. Danso: „Aber ich habe durchgehalten.“
Im März unterschreibt er beim FCA einen Profivertrag bis 2021. Im April legt Danso an der Internationalen Schule in Gersthofen (Landkreis Augsburg) seine Reifeprüfung ab. Jetzt kann er sich voll auf den Fußball konzentrieren.
Danso lernt, auch neben dem Platz auf eigenen Füßen zu stehen. Er zieht aus seiner FCA-WG aus. Beim 1:1 gegen Leverkusen erzielt Danso sein erstes Bundesligator. Er will aber nicht jubeln, weil er zuvor das 0:1 verschuldet hat. Dafür schämt er sich fast mehr, als er sich über sein Tor freut. Diese Geste sagt mehr als Worte. Robert Götz