Wie sieht Peter Sloterdijk die Digitalisierung?
Der preisgekrönte Philosoph wirft mit Hochschulpräsident Gordon T. Rohrmair einen Blick in die Zukunft
Dass die fortschreitende Technologisierung unser Zusammenleben beeinflusst, stellen die Zukunftsforscher nicht mehr infrage. Der ökonomische Wert einer Gesellschaft kann von nur noch halb so viel Menschen geschöpft werden. Diese Zahl, von Wissenschaftlern errechnet, zitiert der Augsburger Hochschulpräsident Gordon T. Rohrmair bei der Auftaktveranstaltung der Kurztagung „Arbeit 4.0“im Goldenen Saal des Rathauses. Mit dem Philosophen Peter Sloterdijk sprach er vor geladenen Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung.
Wohlstand durch Arbeit? Das war einmal. Technologie-Ideologen aus dem Silicon Valley, so der Professor, jubeln: Mit einem „bedingungslosen Grundeinkommen“könnte sich die andere Hälfte der Menschen um Ehrenamt, Soziales, Kultur kümmern. Rohrmair winkt ab: Von diesem Experiment würden vor allem die Geschäftsmodelle der großen Internetfirmen profitieren. Ob damit ein menschenwürdiges Leben und Elan für Ehrenamt überhaupt möglich ist, sei nicht gesichert. Eine Änderung des gesellschaftlichen Modells stehe allerdings bevor.
Es müsse debattiert werden, wie mit den Algorithmen umzugehen ist, die nicht nur unsere Paketbestellungen, sondern über die Steuerung unseres Nachrichtenkonsums auch die Wirklichkeitswahrnehmung analysieren und lenken. „Das kann nur in einer breiten Debatte gelöst werden“, so Rohrmair. Angst vor einer künstlichen Intelligenz sei nicht produktiv. Denn es gibt keine Alternative. Die Digitalisierung kann nicht zurückgenommen werden. Die „digitale Metamorphose“ist gesetzt, jetzt kommt es darauf an, sie politisch zu gestalten.
Der Philosoph Peter Sloterdijk schlug in seinem Referat über die „Zukunft der Arbeit“den großen ideengeschichtlichen Bogen: Die alten Griechen versuchten, ihre 12000 Athener Bürger zu alphabetisieren. Bis zur Aufklärung sei dies das erste und einzige Mal gewesen, dass eine Elite ihr Geheimwissen ans niedere Volk gab. Die Zäsur, die die derzeitige Digitalisierung setze, sei mit jener antiken vergleichbar. Der weltweite Kampf um die klügsten Köpfe werde jedoch die Bildungseliten der unterentwickelten Länder kannibalisieren und so neue Armutsmigrationen auslösen. Bequem wird der Weg in die Digitalisierung nicht, das machte Peter Sloterdijk in seiner Rede klar.