Der Adventskalender-Wahnsinn
Einst reichte eine Schachtel mit billiger Schokolade. Heute steckt viel mehr hinter den Türchen. Wie entflieht man dem Konsumrausch?
Heute reicht Schokolade schon lange nicht mehr. Es gibt Adventskalender in praktisch allen erdenklichen Darreichungsformen, gefüllt mit allen erdenklichen Präsenten und in allen erdenklichen Preislagen. Für Kinder haben die großen Spielwaren-Hersteller themenbezogene Pakete zusammengestellt: Reiterhof, Winterspaß, Star Wars, Tierfiguren-Bauernhof, Polizeieinsatz im Juweliergeschäft (kein Witz).
Die Unbedarften unter Ihnen mögen an dieser Stelle vielleicht sagen: Na und, einfach nicht mitmachen, diesen Konmit sum-Irrsinn. Doch da unterschätzen Sie die Beharrlichkeit von Kindern ebenso wie die Überzeugungskraft von Werbung. Wo noch kein Bedarf ist, da wird er mit aller Macht geweckt. Ich kenne eine Familie mit zwei Kindern, die hat jetzt bereits sechs Adventskalender am Start. Je zwei für die Kinder – einen Spielfiguren, einen mit Schokolade – und je einen für die Eltern. Jaja, denn auch die Erwachsenen hat die Industrie für den Adventskalender-Hype entdeckt: allerlei Wellness- und Kosmetik-Produkte oder Schmuck für die Dame; Whisky, Werkzeug oder Wurst (wieder kein Witz) für den Herrn. Die 100-EuroGrenze wird da leicht mal gerissen. Doch viele greifen zu, weil das Selber machen halt so viel Hirnschmalz und Zeit erfordert.
Ohne jetzt eine SpielverderberFigur hinter den Türchen verstecken zu wollen: Von der schönen Idee des Adventskalenders bleibt da nicht so viel. Es geht doch darum, die Vorfreude auf Weihnachten zu steigern. Und es geht auch darum, anderen Menschen eine Freude zu machen. In der schönen Vorweihnachtszeit. An 24 Tagen. Das funktioniert auch mit Kindern ohne Überfluss. Denken Sie daran, wenn Sie in anstrengender Feinarbeit die Säckchen mit mühsam erdachten Geschenken füllen, an ein Seil binden und verzieren ...
Holger Sabinsky Wolf, 47, hat eine Tochter, 6, und einen Sohn, 8. Und wohl auch heuer mehrere Adventskalender.
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