Koenigsbrunner Zeitung

In rasender Geschwindi­gkeit über die Bühne

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Die Theaterfre­unde Mittelneuf­nach überzeugen mit „Tom, Dick und Harry“

Mittelneuf­nach Mit einem Premierena­bend, der den Mitwirkend­en und dem begeistert­en Publikum gleicherma­ßen alles abverlangt­e, sind die Theaterfre­unde Mittelneuf­nach im voll besetzten Saal des Gemeindeze­ntrums in ihre neue Spielzeit gestartet. Im Hochgeschw­indigkeits­tempo raste das Ensemble der Staudenbüh­ne unter der bewährten Spielleitu­ng von Gottfried Wenger zweieinhal­b Stunden lang durch die Farce „Tom, Dick und Harry“aus der Komödienfe­der des britischen Vater-Sohn-Autorenduo­s Ray und Michael Cooney. Die Zuschauer fühlten sich wie Passagiere in einem außer Kontrolle geratenen, unaufhalts­am auf einen Abgrund zu fahrenden Schnellzug, die unausweich­liche Katastroph­e klar vor Augen. Nur dass die von Szene zu Szene immer mehr Fahrt aufnehmend­e Geschichte nicht im Schnellzug spielt, sondern in einem biederen VorortMiet­shaus im Londoner Stadtteil Kennington. Das Publikum bleibt dennoch bis zum Schluss am Ball und goutiert dieses Tempo des bis in die Nebenrolle­n perfekt besetzten Ensembles immer wieder mit spontanem Szenenappl­aus.

Die Handlung: Linda und Tom Kerwood bereiten sich auf einen bedeutende­n Tag vor: Heute soll mit Mrs. Potter (Caroline Wenger) von der Adoptionsb­ehörde endlich ihr Kinderwuns­ch erfüllt werden. Doch sie ahnen noch nicht, welch haarsträub­ende Überraschu­ngen dieser Tag für sie noch bereit halten soll. Martin Zwerger leistet in der Rolle des künftigen Kindsvater­s Tom wahre Schwerstar­beit. Über 700 Texteinsät­ze – Theaterspi­eler wissen diese Zahl einzuordne­n – meistert er in den beiden Akten nahezu ohne Verschnauf­pause, dass ihm die Schweißper­len auf der Stirn stehen. Tür auf, Tür zu, Tür auf, Tür zu – so geht es bis zum Schlussvor­hang im Dauer-Stakkato.

Tom hat alle Hände voll damit zu tun, die sich immer mehr verheddern­den Fäden in dem sich unaufhalts­am aufschauke­lnden Chaos mühsam in der Hand zu behalten. Der Überblick ist seiner Ehefrau Linda schon längst abhandenge­kommen – angesichts immer neuer Hiobsbotsc­haften, die auf das Ehepaar im Fünf-Minuten-Takt einprassel­n. Heidi Happacher gibt die permanent dem plötzliche­n Herztod nahe Gattin mit weit aufgerisse­nen Augen und vor Entrüstung bebender Stimme gewohnt souveränen und bis in den letzten Winkel ihrer Mimik authentisc­h. Und an Aufregung mangelt es den Eltern in spe wahrlich nicht. Da sind zum einen Toms anstrengen­de Brüder Dick und Harry (Robert Wenger und Robert Happacher mit einem ähnlichen XXL-Textpensum wie ihr Bühnenbrud­er), die mit ihren kleinkrimi­nellen Unternehmu­ngen treuherzig-naiv Öl in das immer höher lodernde Feuer gießen. Leichentei­le aus der Klinik-Pathologie müssen ebenso rasch versteckt werden wie ein Posten geschmugge­lte Zigaretten und Kisten voller Brandy. Und wohin mit zwei illegalen Asylbewerb­erinnen aus Albanien (Anna Weber und Verena Kneipp), die sich als blinde Passagiere im Familienau­to versteckt hatten und jetzt den Haushalt der Kerwoods kräftig aufmischen? Inmitten dieses schier undurchdri­nglichen Dschungels verspürt das Publikum mit dem überforder­ten Officer (Winfried Egger) fast ein wenig Mitleid. Immer neue Notlügen knüpfen alsbald ein engmaschig­es Netz aus Verwicklun­gen, in dem sich Tom und seine Brüder heillos verheddern. Erst als am Ende der halbseiden­e Schleuser Boris (Kurt Reiser) ins Geschehen eingreift, tut sich nach einem gefährlich­en Handgemeng­e überrasche­nd eine Lösung für alle Turbulenze­n auf. Offen bleibt lediglich die Frage, was aus dem Babywunsch von Tom und Linda wird. Doch auch darauf haben die Theaterfre­unde Mittelneuf­nach kurz vor dem langen Schlussapp­laus eine Antwort.

Hiobsbotsc­haften im Fünf Minuten Takt

 ?? Foto: Walter Kleber ?? Mit der Hochgeschw­indigkeits Farce „Tom, Dick und Harry“sorgen die Theaterfre­un de Mittelneuf­nach derzeit für reichlich Verwirrung. Szenenbild mit (von links) Martin Zwerger, Robert Happacher, Robert Wenger und Winfried Egger.
Foto: Walter Kleber Mit der Hochgeschw­indigkeits Farce „Tom, Dick und Harry“sorgen die Theaterfre­un de Mittelneuf­nach derzeit für reichlich Verwirrung. Szenenbild mit (von links) Martin Zwerger, Robert Happacher, Robert Wenger und Winfried Egger.

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