Diese Automaten Milch ist leicht verdaulich
Ein Teil der Kühe auf dem Fleckviehhof Kraus in Deubach gibt sogenannte A2-Milch, die auch bei Laktoseintoleranz besser verträglich sein soll. Was der Unterschied zu gewöhnlicher Milch ist und wie sie entsteht. / Serie (24)
Was anmutet wie ein wissenschaftlicher Aufsatz über eine Studie, ist die Erklärung für den geglückten Praxisversuch von Georg Kraus und seinem Sohn Andreas, die zusammen den Fleckviehhof Kraus im Gessertshauser Ortsteil Deubach bewirtschaften. Zehn Leute, die an einer Unverträglichkeit leiden, haben Vater und Sohn gebeten, ihre hofeigene A2-Milch zu testen – und siehe da: Die üblichen Beschwerden nach dem Milchkonsum blieben aus. Was auf dem Hof ein Novum in Deutschland ist, ist beispielsweise in Neuseeland bereits ganz normal: Im Milchregal wird dort A2-Milch verkauft. Zwei Euro kostet der Liter. In ganz Bayern gibt es diese Milch nur im Milchautomat auf dem Fleckviehhof Kraus. Die Folge: Wer von der seltenen Quelle erfährt, lässt nichts unversucht, an die bekömmliche Kuhmilch zu kommen. So gibt es Kunden, die aus Erding und Bad Tölz anreisen, und auch Jonathan Scherzer, Spieler beim FC Augsburg II, werde mit A2-Milch aus Deubach versorgt, erzählen die Landwirte stolz.
Irreführend ist vor allem die Bezeichnung der Milch. Die besser bekömmliche A2-Milch ist nämlich die natürlichere Urform der Milch. Auch die Ziege gibt beispielsweise A2-Milch. Die A1-Variante ist hingegen das Ergebnis eines mutierten Beta-Kaseins. Von den 230 Kühen auf dem Fleckvieh Hof Kraus produzieren etwa 45 Prozent A2-Milch. 30 Euro kostet die Untersuchung einer Kuh, bei der festgestellt wird, ob sie A1- oder A2-Milch gibt. Für den Hof der Familie Kraus ist dieses Wissen wichtig, denn nur so können sie ganz gezielt Kühe züchten, die A2-Milch geben.
Den genauen Ablauf erklärt Vater Georg Kraus so: Wird eine A2-Kuh mit Samen eines A2-Bullen befruchtet, entsteht ein A2-Kalb. Weibliche Kälber bleiben auf dem Hof oder werden als Jungkühe an andere Landwirte verkauft. Männliche Kälber kommen in die Bullenmast. Großgezogen werden die Kälber mit Vollmilch, trinken dürfen sie, soviel sie wollen.
Mit zweieinhalb Jahren und nach neun Monate Schwangerschaft kalbt die Kuh zum ersten Mal, anschließend produziert sie Milch. Jedes Jahr bekommt die Kuh ein Kalb. Nach etwa zehn bis zwölf Jahren kommt das Tier zum Schlachter in der Region. „Eine Kuh hatten wir, bis sie 18 Jahre alt war“, erinnert sich Georg Kraus und ergänzt: „Sie hat in ihrem Leben 100000 Liter Milch gegeben.“
Die 230 Kühe, die aktuell auf dem Hof leben, geben täglich mehrere Tausend Liter Milch. Wann sie zum Melken gehen, ist den Tieren dabei komplett freigestellt, denn auf den Melkschemel muss hier niemand mehr sitzen. Gemolken werden die Tiere in einer Roboteranlage, die 24 Stunden täglich geöffnet hat. Alle Informationen zur Kuh – wann sie zum letzten Mal beim Melken war und, welche Milch sie gibt – sind auf einem Band gespeichert, das die Roboteranlage lesen kann. „Die innere Uhr der Tiere verrät ihnen, dass sie in etwa alle sechs Stunden zum Melken kommen sollten“, verrät Andreas Kraus, wie gut seine Tiere mit der Technik zurechtkommen. Binnen drei Wochen haben die Tiere den Rhythmus meist bereits verinnerlicht. Vier Plätze hält der Milchroboter für die Tiere bereit. Dort werden die Euter der Tiere gereinigt, stimuliert, gemolken und desinfiziert. Neun Minuten dauert ein Melkvorgang. Dreimal täglich kommt das Tier. Im Schnitt gibt eine Kuh täglich etwa 35 Liter Milch.
Das hänge von Genetik, Fütterung und Haltung ab, erklärt Georg Kraus. Die 230 Kühe leben auf etwa 1500 Quadratmetern. Viel Platz und Bewegung haben sie allemal. Selbstständig können sie wählen, ob sie sich im Stall oder im teilweise überdachten Außenbereich aufhalten wollen. Regelmäßig lassen sie sich unter der Massagebürste verwöhnen, die sie selbst und mit nur einem Kopfwurf nach oben bedienen können. Seit 2009 erhalten die Tiere ausschließlich genfreies Futter von den eigenen Feldern: Mais, Gras, Heu und Getreide.
Zufrieden blicken die Tiere die Besucher des Hofes an, die erst durch den Milchautomat den Weg auf den Hof gefunden haben. Darin befindet sich aktuell ausschließlich die bekömmlichere A2-Milch. Diese wird durch Umbau- und Investitionsmaßnahmen im Roboter separat gemolken. Für Umbaumaßnahmen, einen getrennten Milchtank und diverse Untersuchungen habe der Betrieb bisher schon mehr als 20000 Euro ausgegen. Bisher habe sich dies noch nicht gelohnt, erklärt Andreas Kraus und ergänzt: „Aber es tut uns gut, dem Verbraucher das Beste anbieten zu können.“
Einen geschmacklichen Unterschied gibt es nicht, allerdings spricht der Markenname – auf dem Hof heißt die A2-Milch nämlich „Wohlfühlmilch“– bereits Bände. Auch der Preis ist derselbe geblieben wie für die A1-Milch, die anfangs im Automaten zu zapfen war: ein Euro pro Liter. Zwischen 50 und 100 Liter am Tag werden im Automat verkauft. Der Mammut-Teil hingegen geht alle zwei Tage an die Molkerei Gropper aus Bissingen. Dort wird die Milch weiterverarbeitet.