Tarife: Das kommt ab Montag auf Fahrgäste zu
Ein Teil der Bürger, die mit Einzelfahrschein unterwegs sind, wird doppelt so viel bezahlen müssen wie bisher. Dies sorgt für Unmut. Die Abo-Kunden bleiben dem Verkehrsverbund aber offenbar treu
Ab Montag müssen sich Fahrgäste von Bus, Straßenbahn und Nahverkehrszügen auf neue Preise und Tarifzonen gefasst machen: Dann tritt die Reform im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) in Kraft. In der Stadt werden die Stadtwerke an den zentralen Haltestellen Personal im Einsatz haben, das Fahrgästen Hilfestellung gibt. Zudem werde man in den ersten Tagen bei Kontrollen kulanter sein, sollten Fahrgäste aufgrund der Zonen-Neuregelung in Augsburg unfreiwillig zu Schwarzfahrern werden. „Wir werden beobachten, wie die Fahrgäste mit den Änderungen zurechtkommen“, so StadtwerkeSprecher Jürgen Fergg. Die größte Änderung im Stadtgebiet Augsburg wird die Vereinigung der Zonen 10 und 20 sein. Davon sind Fahrgäste mit Einzelfahrschein und Streifenkarten betroffen – bei Abos gibt es nach wie vor eine Wahlmöglichkeit nach Zonen.
Eben weil es bei den Bartarifen keine Zone 10 (ein Gebiet mit etwa
2,5 Kilometern Radius rund um die Stadtmitte) mehr geben wird, wird künftig für Fahrten innerhalb der Stadt automatisch Preisstufe 2 fällig. Der Einzelfahrschein kostet hier
2,90 Euro, stempeln kann man auch zwei Streifen auf der Streifenkarte für umgerechnet 2,40 Euro. Ausnahme: Für kurze Strecken gibt es das neue Kurzstreckenticket (1,45
Rund 25 Prozent der Nutzer müssen mehr bezahlen
Euro), das eine Fahrt über vier Haltestellen (Einstiegshaltestelle nicht mitgerechnet) erlaubt. Analog kann dafür ein Streifen auf der Streifenkarte entwertet werden.
Allerdings ist das Kurzstreckenticket keine volle Kompensation. Beispiel: Von der Haltestelle Pfersee aus konnte man bisher mit der Preisstufe 1 einmal zum Königsplatz und sogar darüber hinaus bis zur Berliner Allee fahren. Mit dem Kurzstreckenticket kommen Pferseer künftig nur bis zur Rosenaustraße, also nicht einmal bis in die Innenstadt.
Nachdem sich Proteste im Som- mer, bevor das Tarifwerk politisch mit Mehrheit beschlossen wurde, in Grenzen hielten, häuften sich zuletzt wütende Reaktionen. Hauptkritikpunkt: 100 Prozent Preissteigerung für Fahrgäste in der Stadt, die bisher mit Preisstufe 1 zurecht- kamen und für die das Kurzstreckenticket kein Ersatz ist. Für eine Fahrt von Hochzoll-Süd nach Hochzoll-Nord zahle man künftig das Doppelte, klagt etwa Fahrgast Ernst Geiger. „Erst zwingen die Verkehrsbetriebe uns Fahrgäste, am Bus vorne einzusteigen – was ich als Schikane empfinde – und jetzt diese unverständliche Verteuerung. So darf man doch mit uns Bürgern und Wählern nicht umgehen!“Auch der Fahrgastverband ANA hatte diesen Punkt kritisiert.
Bei den Stadtwerken, die im AVV den Großteil des Augsburger Stadtverkehrs fahren, verweist man darauf, dass von der Zonen-Zusammenlegung nur relativ wenige Fahrgäste betroffen seien. Von den 62 Millionen jährlichen Fahrten mit den Stadtwerken seien zuletzt 1,8 Millionen mit einem Einzelfahrschein der Preisstufe 1 gemacht worden, so Fergg. Hinzu kommen geschätzte 1,6 Millionen Fahrten, bei denen ein Streifen auf der Streifenkarte gestempelt wurde. „Zusammen sind das in etwa fünf Prozent aller Fahrten.“
Bei dieser Rechnung spielt allerdings eine Rolle, dass die von der Zonen-Zusammenlegung nicht betroffenen Abo-Kunden natürlich deutlich häufiger fahren als Gelegenheitskunden. Macht man also nicht Fahrten, sondern (potenzielle) Fahrgäste als Personen zum Maßstab, ist die Betroffenheit größer.
Abo-Kündigungen, so die Stadtwerke, habe man bisher nicht mehr bekommen als während des Jahres aufgrund von Wegzug, Todesfällen oder veränderter Lebenssituation. Mit der Nachfrage nach dem neuen 9-Uhr-Abo (30 Euro pro Monat) und den von der Stadt bezuschussten Schüler-Abos (für die bisher nicht zuschussberechtigten Schüler) sei man recht zufrieden. Allerdings kommt die Nachfrage nach dem 9-Uhr-Abo auch dadurch zustande, dass das Senioren-Abo wegfällt.
Kritisiert wird von Rentnern, dass sie mit dem Ersatzangebot erst ab 9 Uhr fahren dürfen. Die Stadtwerke kontern, dass der Grundpreis dafür um 42 Euro günstiger ist. Dies entspreche 35 Streifen auf einer Streifenkarte, die man für unvermeidbare Fahrten vor 9 Uhr nutzen könne.
AVV-Geschäftsführer Olaf von Hoerschelmann verhehlt nicht, dass rund 25 Prozent der Fahrgäste im gesamten Verbundgebiet (Stadt und Landkreise Augsburg, AichachFriedberg und Dillingen) schlechter gestellt werden als heute. Allerdings geht mit der Verteuerung meist auch eine Ausweitung des Angebots einher, speziell für Fahrgäste im Augsburger Umland. Ob sie diese im Alltag benötigen, steht auf einem anderen Blatt. „Aber ein Ziel der Reform ist es, die Leute dazu zu bringen, grundsätzlich öfter auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen“, so von Hoerschelmann. Dabei helfe es durchaus, wenn Kunden mehr Fahrtmöglichkeiten im Abo haben.
Insgesamt sei die Reform ein Kompromiss aus den gesetzten Zielen, die Tarife einfacher, gerechter, günstiger und für die Verkehrsunternehmen ergiebiger zu machen. „Teils stehen die Ziele ja in gegenseitigem Konflikt“, sagt von Hoerschelmann. Oberstes Ziel sei aber, mehr Fahrgäste zu gewinnen. So erklärten sich auch die prognostizierten Einnahmesteigerungen. „Vielleicht werden wir an der einen Stelle einige Fahrgäste verlieren, aber dafür wollen wir an anderer Stelle umso stärker zulegen.“Die Stadtwerke rechnen damit, ab Mitte Februar einen ersten Vergleich über Fahrkarten-Verkaufszahlen vorlegen zu können.
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In einer Übersicht stellen wir Neuerungen und Preise vor und beantworten die wichtigsten Fragen.