Als der Tatort laufen lernte
Theater Krimi Schon wieder tickt in der Weihnachtszeit eine Bombe in Augsburg. Diesmal auch noch im Gaskessel. Wird auch sie erfolgreich entschärft werden können?
Same procedure. Ein Jahr nach dem Augsburger Fliegerbomben-Blindgänger-Alarm 2016 herrscht schon wieder Bombenstimmung am Lech. Unter noch schärferen Bedingungen. Diesmal liegt das, was hoch (und uns hops lassen) gehen könnte, ausgerechnet im brandgefährlichen (und schaurig hallenden) städtischen Gasspeicherkessel.
Nur gut, dass an Silvester die fünf Dutzend Zuschauer-Zeugen des zweiten Augsburger „Tatort“-Theaterkrimis – im Gegensatz zu den kribbeligen Bühnen-Akteuren – die Nerven bewahren und die Entschärfung mit Fachwissensvorsprung vorantreiben. Natürlich nicht vollkommen uneigennützig – und erlösend auch für den kompletten Augsburger Stadtteil Oberhausen, der parallel zu allerlei verfrühten Feuerwerksraketen glatt hätte in die Luft fliegen können.
Ist er aber nicht. Und so konnten nach einem Wettlauf mit der Zeit nicht nur das Produktionsteam unter Vorsitz von David Ortmann (Regie und Video) sowie das Publikum dem Sekt-Eingießen und Blei- Ausgießen um 24 Uhr zustreben, sondern auch das Ermittlerquartett mit dem preußisch-knapp-trockenen Kommissar Müller-Bahlke an der Spitze (Sebastian Müller-Stahl) und sogar der Täter selbst, ein Filmvorführer (Anatol Käbisch), der das Gute mit Sprengkraft erzwingen wollte. Freilich: Dass es allen Beteiligten nicht die Nerven zerriss bei dieser aparten Abendunterhaltung, die auch etwas von Schnitzeljagd und Kindergeburtstag für Große hatte, das lag auch daran, dass die ganze Chose vor 100 Jahren spielt, also 1917, als im Ersten Weltkrieg noch das Familiengold in die Rüstung floss und das Kintopp-Kino nicht von Mimen-Dialogen, sondern vom Klavier begleitet wurde.
Tödlicher Ernst und urkomische Kaiser-Wilhelm-Propaganda und tönende Musiknostalgie fließen da ineinander – und nehmen ausgiebig Anlauf zur allgemeinen Bombensuche auf dem Gelände des alten industriell-pittoresken Augsburger Gaswerks. Geschichte kann eben doch bewegend sein.