Von Fango zu Tango
Doc Tressels abenteuerlicher Streifzug durch das Gesundheitswesen
Keiner blieb verschont – nicht die Ärzteschaft, nicht die Kollegen, nicht er selbst und die „Kundschaft“. Doc Tressel alias Dr. Wolfgang Tressel (oder umgekehrt) machte das Krankenhaus zum Schauplatz für ein rasantes Musikkabarett. Sein „Medizynisches Kabarett verschreibungspflichtiger Chansons“riss im ausverkauften Spectrum das Publikum zu Beifallsstürmen hin. Der in einen mehr als lebhaften Ruhestand gegangene Chefarzt der Geriatrischen Rehaklinik Hessing verbindet virtuos seine Lebensthemen Medizin und jetzt vor allem Musik. Er weiß, wovon er singt, parliert. Und er tut es mit gehörig schwarzem Humor ebenso wie mit einer derart musikalisch charmanten Schlagkraft am swingenden Klavier à la Udo Jürgens, dass man einen abenteuerlichen Streifzug durch das Gesundheitswesen genüsslich mitmacht.
Wenn Doc mit seinen Songs und Moderationen die „Baustelle“menschlicher Körper und seine „Installateure“seziert und die Diagnose erstellt, wie der runderneuerte Mensch das Krankenhaus – hoffentlich – wieder verlassen kann, bleibt kein Auge trocken. Und man spürt die schwebende Grenzzone, in der sich „medizynischer“Schutzmechanismus, der sich bei der Arbeit keine Sentimentalität erlauben darf, und humanitäres Berufsethos die Waage halten. Da werden die neuesten – und teuersten – Hightech-Geräte („Raumschiff Enterprise“) zum Einsatz gebracht, und doch rutscht der Bohrer am Knochen durchaus einmal ab, wenn alle – der Arzt und der anspruchsvolle Patient – voll auf die Technik setzen und nicht alternativ auf die Lösung „Vom Fango zum Tango“hören.
Von den Kollegen und deren unterschiedlichen Habitus, vom wissenschaftlichen, zerstreuten Operateur bis zum stolz in die OP-Arena einziehenden Gockel-Matador weiß Doc T. mit köstlicher Treffsicherheit zu berichten und zu singen. Da gibt es diejenigen, die das Image großer Stars pflegen, allen voran die edlen Kardiologen und auf der anderen Seiten die bemitleidenswerten Gastroenterologen, die in die Röhre starren und relativ unangenehme Darm-Zotteln anschauen müssen.
Tressel bringt auch aktuelle Politik unter, wie die vom arg gebeutelten Karl Lauterbach (SPD) vertretene Gesundheitsreform. Ein Clou in Doc Tressels „Medizynischem Kabarett verschreibungspflichtiger Chansons“: Kollege Zahnarzt, bei dem trotz Hightech-Ausrüstung oft nur die Anrufung der Standesheiligen Apollonia hilft.