Die Gesellschaft ist das Getriebe
Auf der Veranstaltung der Pfarreiengemeinschaft Schwabmünchen hören die Gäste von einem Schatz, Unzufriedenheit und Gesundheit. Eine Welturaufführung des Orchesters Capella St. Michael findet großen Anklang
Schwabmünchen
Zwei Zahnräder auf einer Holzplatte hielt Stadtpfarrer Christoph Leutgäb in die Höhe. Die Gäste schienen beim Neujahrsempfang im großen Saal des Pfarrzentrums darüber verwundert zu sein. Doch der Pfarrer verglich die Gesellschaft mit einem Getriebe, in dem Zahnräder ineinandergreifen: „Es ist das Miteinander von Politik, Behörden, Kirchen, Wirtschaft, Vereinen und Verbänden, das die Gesellschaft ausmacht. Jeder bringt etwas ein, damit es gut flutscht. Damit es wirklich flutscht, damit es gut läuft, braucht es das Ehrenamt als Tröpfchen Öl“, sagte er zu den Gästen und löste somit das Rätsel um das hölzerne Getriebe in seiner Hand. Es sei das Engagement der Menschen, das das Getriebe reibungslos laufen lasse. Viele Bereiche würden ohne das Ehrenamt nicht existieren, konstatierte Leutgäb. „Wenn das, was dort geleistet wird, bezahlt werden müsse, wäre es unbezahlbar“, sagte Leutgäb und verglich das Ehrenamt mit einem großen Schatz. Anhaltender Applaus für alle ehrenamtlichen Kräfte drückte die Zustimmung aller Gäste zu den Worten des Stadtpfarrers aus. Ebenso richtete Leutgäb seinen Dank an die Firmen und Einrichtungen, die das Ehrenamt möglich machten. „Eine freiwillige Feuerwehr beispielsweise kann nur funktionieren, wenn die Arbeitgeber kein Problem damit haben, wenn die Kräfte während der Arbeitszeit zur Hilfeleistung ausrücken müssen“, schloss er seine Ansprache.
Mit einem vielschichtigen Programm untermalte das Orchester Capella St. Michael unter der Leitung von Chorregent Stefan Wagner die Pausen zwischen den Reden. Dabei kam die Komposition „Menkingen Highlights“von Bassist Johannes „Rocky“Knauer zur Welturaufführung.
Das im moderaten Tempo gespielte Stück ließ mit seiner Leichtigkeit die baulichen Elemente der Stadt sowie das ruhig perlende Wasser der Singold vor dem inneren Auge vorbeifließen. Den Titel „Five O’clock Waltz“von Benedikt Brydern, der aufgrund seines ungewöhnlichen 5/4-Taktes von allen Musikern höchste Konzentration abverlangte, meisterte das Orchester ebenfalls bravourös. Einen Rückblick auf das vergangene Jahr und Vorhaben für die Zukunft standen im Fokus der Grußworte von Bürgermeister Lorenz Müller. „Uns in Schwabmünchen geht es gut“, stellte er fest. Nicht nur Beschäftigungsverhältnisse und die wirtschaftliche Situation der Betriebe seien gut, auch die geringe Schuldenlast trage dazu bei. „Dennoch steigt die Unzufriedenheit. Je mehr man habet, desto größer ist die Sorge, etwas zu verlieren“, sagte Müller mit Blick auf den sogenannten Nationalen Wohlstandsindex, einer Studie zum Thema Wohlstandsempfinden. Abhilfe könne laut Studie ein Leitbild des guten Zusammenlebens schaffen. Dazu nannte er beispielhaft das christliche Leitbild oder das Grundgesetz mit seinen Menschenrechten. „Ich war furchtbar wütend, wie ein Präsident eines demokratischen Landes andere Länder derart demütigt, wie es geschehen ist, und ein anderer Präsident sagte, er habe immer einen Atomknopf auf seinem Schreibtisch“, sagte er ohne Nennung der Namen. Er frage sich, ob diese Menschen nichts aus der Vergangenheit gelernt hätten. Die Aufgabe als Lokalpolitiker sei die Schaffung zufriedenstellender Rahmenbedingungen wie beispielsweise die weitere Entwicklung der Lebensbedingungen für Familien und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. „Der Menkinger Wohlstandsindex wird weit über dem Durchschnitt liegen“, schloss er überzeugt seine Worte und fügte den herzlichen Dank der Stadt für alle ehrenamtlich geleisteten Dienste hinzu.
Gesundheit als häufiger Wunsch beinhalteten die Grußworte des evangelischen Pfarrers Martin Kögel. „Wenn wir gesund sind, können wir etwas schaffen. Was ist, wenn die Gesundheit fehlt? Brauchen wir dann nicht Hilfe und Betreuung?“, fragte er. Seiner Ansicht nach sei es besser, als Mensch geliebt und angenommen zu sein. Dadurch werde das Gefühl, als Mensch wertvoll zu sein, die Oberhand gewinnen. „Gott nimmt dich als Mensch an“, definierte er die Kernbotschaft des christlichen Glaubens als seinen Wunsch für das neue Jahr.