Baum stürzt um und klemmt 77 Jährigen ein
Beim Versuch eine Tanne zu fällen, wird ein Mann aus Zusmarshausen beinahe erschlagen. Forstexperten sind sich einig: Der Mann hat Glück im Unglück. Was die Spezialisten bei der Arbeit nach Sturmschäden empfehlen
Zusmarshausen/Landkreis Augsburg Der Umgang mit der Motorsäge kann gefährlich sein. Das musste ein 77-Jähriger am vergangenen Freitagmittag in Zusmarshausen auf schmerzliche Art erfahren: Der Mann räumte auf seinem Gartengrundstück die Schäden nach Sturm Burglind auf, wollte dafür eine umgestürzte Blautanne zersägen. Doch dann passierte das Unglück: Beim Versuch die Äste des noch nicht vollständig umgeworfenen Baumes zu entfernen, habe sich seine Säge verkeilt, so die Polizei. Der Mann beugte sich unter die Tanne, doch genau in diesem Moment gab diese nach, knallte nach unten und klemmte ihn im Kopfbereich ein.
Für die 27-jährige Ersthelferin, die den Unfall beobachtet hatte und ihn der Polizei meldete, ein großer Schock. Denn auf den ersten Blick sah es laut Polizeibericht so aus, als hätte der Baum den Kopf des Mannes abgetrennt. Als einer der ersten Rettungskräfte am Unfallort war Stefan Weldishofer, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Zusmarshausen. Auch er habe erst einmal schlucken müssen. Er schätzte die Situation zwar nicht so dramatisch ein, wie befürchtet, aber er sagt: „Der Anblick war nicht ohne.“Der Verletzte sei noch ansprechbar gewesen.
Weldishofer ist sich sicher, dass der Senior Glück im Unglück hatte. „Es haben viele Faktoren zusammengespielt, dass dieser Unfall nicht schlimmer ausgegangen ist. Zum Beispiel haben die unteren Äste den Aufschlag abgemildert und der Boden war noch ziemlich nass“, erklärt er.
Etwa 20 Feuerwehrkräfte waren im Einsatz. Mit Hebekissen befreiten sie den Mann aus seiner misslichen Lage. Der Rettungshubschrauber brachte ihn anschließend ins Krankenhaus. Schon am nächsten Tag konnte der 77-Jährige wieder nach Hause gehen. Ihm bleiben eine Gehirnerschütterung, eine Platzwunde am Kopf und die Erkenntnis, dass es wirklich eng war.
wie der in Zusmarshausen sind keine Seltenheit. Tatsächlich komme es vor allem im privaten Garten oder Waldstück immer wieder zu solchen Unglücken, weiß Michael Schenk. Er ist Technischer Aufsichtsbeamter bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). In seiner Funktion ist er für die Unfallprävention und -ermittlung zuständig. Er empfiehlt gerade in Waldstücken zum Einsatz von schwerem Gerät wie Schlepper oder Harvester. Es gibt allerdings einige Situationen, in denen Schenk dringend dazu rät, Experten hinzuzuziehen. Als „besondere Gefahrensituation“bezeichnet er zum Beispiel die Beseitigung von Sturmschäden, im Profijargon die „Windwurfaufberei- tung“. Bei Bäumen, die umgeworfen wurden, oder vom Wind in eine bestimmte Richtung gedrückt wurden, könne es zu gefährlichen Spannungen im Holz kommen. Sogar Profis wären in solchen Situationen besonders vorsichtig, betont Schenk. „Der Baum kann ausschlagen oder kommt einem überraschend entgegen“, erklärt er. Eine weitere Gefahrenquelle vor allem im Garten sei das Totholz. „Laubbäume werfen abgestorbene Äste ab“, sagt Schenk. Problematisch werde es besonders dann, wenn der Besitzer am Stamm mit Keilen oder einer Säge arbeite.
Im Sommer kommt laut Schenk eine weitere unberechenbare Gefahr ins Spiel: der Borkenkäfer. Dieser sei verantwortlich für sehr viele UnUnfälle fälle. Er befalle vor allem Fichten und zwinge Waldbesitzer dazu, aktiv zu werden. Allerdings seien die befallenen Bäume trockener und somit leichter als andere. Sie fallen nicht sofort um und können im Geäst hängen bleiben, so der Profi.
Alles in allem betont Michael Schenk, dass vielen Privatpersonen die nötige Erfahrung fehle: „Sie begeben sich in Situationen, denen sie nicht gewachsen sind.“Er rät grundsätzlich Baumpfleger oder Forstarbeiter hinzuzuziehen. Sich weiterzubilden sei ebenfalls kein Fehler. Genügend Möglichkeiten dazu gibt es: Schenk empfiehlt die bayerische Waldbauernschule in Kehlheim oder auch die Forstwirtschaftliche Vereinigung Schwaben, die regelmäßig Kurse anbieten.