Rentner zieht für die Umwelt in sein Bad
Der 78-jährige Adolf Herzog will Energie sparen und ist dabei erstaunlich konsequent. Wie sich der Mann auf gerade einmal neun Quadratmetern ein eigenes Reich geschaffen hat
Obergriesbach Zahling An der orangefarben gefliesten Wand hängt ein Regal, in dem Ordner stehen. Den kleinen Tisch in der Arbeitsecke beleuchtet eine Lampe. Eigentlich eine gemütliche kleine Ecke, in der es sich schön arbeiten lässt. Ungewöhnlich ist nur, wo sich diese Ecke befindet: im Badezimmer von Adolf Herzogs Haus – genauer gesagt, in der Nische zwischen Dusche und Badewanne. Während der Wintermonate zieht der 78-Jährige aus dem Obergriesbacher Ortsteil Zahling (Kreis Aichach-Friedberg) freiwillig in den rund neun Quadratmeter großen Raum seines 160-Quadratmeter-Hauses. Zum Schutz der Umwelt.
Seit rund drei Jahren ist das Badezimmer im Winter der Wohnraum des 78-Jährigen. Hier schläft er und hält sich tagsüber auf. „Ich fühle mich sauwohl hier“, sagt er. Das multifunktionale Badezimmer, wie er den Raum mit einem Schmunzeln nennt, ist Herzogs Beitrag zur Energiewende. Er nennt es sein „WohnBüro-Speise-Gymnastik-DuschWasch-Toiletten-Schlaf-Bad“. Also ein „Alles-in-allem-Raum“. Nur gekocht wird in der Küche.
Es waren weniger finanzielle Gründe, die den Rentner dazu bewogen, sondern seine Überzeugung. „In meinem Bereich möchte ich mich umweltbewusst verhalten“, sagt er. Er möchte Umwelt und Ressourcen schonen. Würde er das ganze Haus mit seinen Nachtspeicheröfen heizen, hätte das Auswirkun- gen auf das Klima. Das will er vermeiden. Deshalb heizt er den Rest des Hauses im Winter nur, wenn Besuch kommt. Beim Jahresverbrauch der Heizung macht sich das bemerkbar: Er hat sich fast halbiert.
Um das Bad als Multifunktionsraum nutzen zu können, baute der Maschinenbauingenieur zuerst ein Hochbett über die Dusche – ähnlich der Schlaf-Wohnlandschaft, die er viele Jahre zuvor für seine Kinder im Kinderzimmer aufgebaut hatte. Sie diente als Vorlage für seine Schlafkoje im Bad, in die man über eine steile Holztreppe kommt. Rund zwei Monate habe ihn die gesamte Konstruktion beschäftigt, schätzt der Tüftler. Möglich war der Einbau des Hochbettes nur, weil das Bad direkt unter dem Dach liegt und damit gut drei Meter hoch ist.
Herzog, der aus Umweltschutzgründen schon vor rund 20 Jahren vom Auto auf das Fahrrad umgestiegen war, transportierte die kleineren Teile seiner Konstruktion mit dem Rad nach Hause. Die größeren ließ er sich vom Baumarkt liefern. Das Bett unter der Baddecke erinnert den 78-Jährigen an seine Kindheit: „Damals haben wir Decken über den Tisch gehängt, um eine dunkle Höhle zu haben.“Ein ähnliches „Höhlengefühl“hat er nun, wenn er in sein Bett krabbelt.
Zwischen Dusche und Badewanne richtete Herzog sich sein kleines Tagesreich ein. Mit Blick auf das große Badfenster sitzt er hier und liest, schreibt oder tüftelt an neuen Projekten. Der Rentner entwirft und baut Kinderspielgeräte aus Holz, die er im Sommer auf dem Bolzplatz im Ort aufstellt.
Den zeitweisen Umzug ins Badezimmer empfindet er nicht als Einschränkung. Auch sein Freundesund Bekanntenkreis habe sich inzwischen daran gewöhnt, erzählt er. Eine kleinere Wohnung kommt für ihn erst infrage, wenn es gar nicht mehr anders geht. „Ich möchte schon so lange wie möglich in dem Haus wohnen bleiben.“Wenn es wärmer wird, wird er auch den Rest seines Hauses wieder nutzen.
Jahresverbrauch der Heizung fast halbiert