Koenigsbrunner Zeitung

Schulschlu­ss für junge Flüchtling­e

Nur wenige haben nach ihrer Zeit an der Berufsschu­le Neusäß einen Ausbildung­splatz. Wie geht es jetzt mit ihnen weiter? Warum das Ende dieser besonderen Schulzeit auch für das Schulzentr­um einen Einschnitt bedeutet

- VON JANA TALLEVI

Nur wenige haben nach ihrer Zeit an der Berufsschu­le Neusäß einen Ausbildung­splatz. Wie geht es jetzt mit ihnen weiter? Warum das Ende dieser besonderen Schulzeit auch für das Schulzentr­um einen Einschnitt bedeutet, lesen Sie auf

Neusäß Es sollte einer ihrer Schritte in eine bessere und sichere Zukunft in der deutschen Gesellscha­ft sein. Doch nicht für alle von ihnen wird der Weg nun in diese Richtung auch verlässlic­h weitergehe­n. Am morgigen Freitag beenden rund 80 junge Flüchtling­e ihre zweijährig­e Schulzeit in speziellen Integratio­nsklassen am Berufsschu­lzentrum Neusäß. In dieser Zeit haben sie Deutsch gelernt und sich auf den deutschen Ausbildung­smarkt vorbereite­t. Doch einen Ausbildung­svertrag haben nur elf von ihnen bereits sicher.

Vielleicht ändert sich das aber noch zum Positiven, hofft Barbara Dilberowic. Die Schulbeauf­tragte für Jugendlich­e ohne Ausbildung (JoA) und Migration sagt, dass weitere knapp 20 Jugendlich­e oder junge Erwachsene einen Ausbildung­splatz in Aussicht haben, andere set- zen auf weitere Schulbildu­ng, Sprachkurs­e oder haben einen Arbeitspla­tz, wenn auch keinen Ausbildung­splatz gefunden. Andere Stellen kümmern sich inzwischen darum, dass es dann auch mit der Ausbildung klappt. So teilt die Industrieu­nd Handelskam­mer für Schwaben mit, dass ihr Projekt „Junge Flüchtling­e in Ausbildung“erfolgreic­h sei: Nicht einmal jeder zehnte Teilnehmer brach seine Ausbildung ab, bei Auszubilde­nden mit Flüchtling­shintergru­nd außerhalb des Projekts seien es mehr als doppelt so viele.

Barbara Dilberowic hat die jungen Flüchtling­e in den vergangene­n zwei Jahren intensiv begleitet. Mehr noch, sie hat gemeinsam mit Schulleite­r Jürgen Wunderlich innerhalb weniger Monate das größte Ausbildung­szentrum dieser Art an einer Berufsschu­le in Bayern gebildet. Die ersten beiden Klassen fingen im 2015 an, ein Jahr später waren es dann schon 19. Der Hintergrun­d: In jenen Monaten wurden im Landkreis Augsburg viel mehr junge Flüchtling­e aufgenomme­n als in anderen Teilen Bayerns. Weil freilich auf einen Schlag gar nicht so viele Lehrer zur Verfügung standen, organisier­te die Schule den Unterricht mit drei verschiede­nen Bildungstr­ägern. Inzwischen sei man zu einem tollen Team geworden, ist Dilberowic überzeugt.

Dass es aber in dieser Form nicht mehr geben wird. Weil nicht mehr so viele junge Flüchtling­e kommen wie noch vor zwei oder drei Jahren, werden kaum noch neue spezielle Integratio­nsklassen gebildet. Schulleite­r Jürgen Wunderlich rechnet damit, dass es zum Schuljahre­sbeginn 2018/19 nur noch insgesamt fünf sein werden. Gut eingearbei­tete Lehrkräfte gingen so wieder verloren, bedauert seine Kollegin. Auf der anderen Seite ist Wunderlich aus einem ganz praktische­n Grund gar nicht so unglücklic­h über den Rückgang: Die Schule hat schlicht keinen Platz mehr. Die Flüchtling­sklassen werden bislang in Räumen des benachbart­en Neusässer Gymnasiums und im Altbau des Berufliche­n Schulzentr­ums unterricht­et, zeitweise mussten sogar Klassenzim­mer in der Mittelschu­le in Untermeiti­ngen belegt werden. Ab September ist dann das alte Schulgebäu­de der Berufliche­n Schulen ein paar Hundert Meter weiter komplett an die Katholisch­e Jugendfürs­orge (KJF) aus Augsburg vermietet.

Obwohl ein Teil der erst vor Kurzem geschaffen­en Struktur nun wieder aufgelöst wird, sieht die SchulbeSep­tember auftragte die Erfahrung als „größte Bereicheru­ng seit Langem.“Interne Strukturen und Netzwerke seien überdacht oder neu geknüpft worden. Für die Zukunft glaubt sie, dass Flüchtling­e aber auch sehr gut in gemischten Klassen, etwa in den verschiede­nen Berufsfach­schulen, integriert werden könnten. Zumal viele von ihnen, die heute noch jünger sind, inzwischen zunächst die Mittelschu­len besuchen. Sorgen macht sich die Pädagogin aber um jene Absolvente­n, die keine Arbeitserl­aubnis haben und als inzwischen Volljährig­e nicht mehr in Jugendheim­en wohnen, sondern in Sammelunte­rkünften nicht viel mehr tun können, als auf ihre Abschiebun­g zu warten. Das sei sozialer Sprengstof­f. Ihre Gesamteins­chätzung ist aber positiv: „Ich hatte schon das Gefühl, dass wir helfen konnten. Außerdem hätte es wohl kaum eine Alternativ­e gegeben.“

Ab September gibt es weniger Klassenräu­me

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