Die Mischung macht’s
Ein „Kind ohne Namen“und Nun-Musik: Kontraste, die zusammenspielen
Schwabmünchen Eine spannende Mischung bot Hans Grünthaler bei der Lesung von Christoph Poschenrieder in der Buchhandlung Schmid in Schwabmünchen. Denn es ging nicht nur um das vielschichtige Buch „Kind ohne Namen“, sondern auch um die irgendwie dazu passende Musik von Stefan Noelle und Abathar Kmash.
Das Duo aus einem Münchner und einem Syrer mutet schon rein optisch besonders an. Und auch die Instrumente der beiden machen die Zuhörer im Bookshop neugierig. Was sie dann zu hören bekommen, sind traditionelle und moderne, klar durchkomponierte türkische Stücke auf einer Oud und einer Rahmentrommel. Die Oud ist eine über 1000 Jahre alte zwölfseitige Kurzhalslaute, die mit den Kreuzfahrern nach Europa kam und einen angenehm weichen Klang hat. Noelle spielt dazu verschiedene Rahmentrommeln, mit denen er sich seit mehr als zehn Jahren beschäftigt und von dener er sagt: „Die Dinger sind quasi unstimmbar.“
Es war erst das zweite Konzert des Duos, das sich Nun nennt. Dafür klang das Zusammenspiel der beiden, die an einem abendfüllenden Programm arbeiten, schon bestens. Kein Wunder, ist Stefan Noelle doch ein Mann, der sich musikalisch auf alles einstellen kann, in allen Richtungen unterwegs ist und der jede Aufgabe „spannend“findet, ein Tausendsassa der Musik, schreibend, spielend, singend. Erst kürzlich wurde er für den TassiloPreis 2018 nominiert.
Nach ihrem ersten Stück verlassen die beiden Musiker die Bühne, machen Platz für Christoph Poschenrieder, den die Zuhörer, die vor allem weiblich sind, mit nicht weniger Spannung erwarten. „Das Kind ohne Namen“ist sein fünftes Werk, an dem er lange gearbeitet hat. „Ich wollte mal aus der Perspektive einer Frau schreiben. Das hat mich gereizt“, erzählt der gebürtige Bostoner, der in München lebt. Es ist ihm gut gelungen, denn bis heute hat er, nach eigenen Aussagen, keine negativen Äußerungen von Frauen zu seinem Gedankengut erhalten.
Sein neuestes Buch dreht sich um das Fremdsein, um guten Willen und böse Machenschaften, um Menschen und ihre Haltungen, um Heimat und den Platz im Leben, um Tage ohne Recht und Gesetz. Eine junge Frau kehrt aus ihrer Studentenstadt in ihre kleines vergessenes Heimatdorf zurück, erlebt dort unter anderem Fremdenhass und zwielichtige Gestalten, bringt ihre Denkweise ins Spiel und hat ihre Probleme damit, gefährdet sogar das Leben ihres ungeborenen Kindes.
Poschenrieder recherchiert gern an den Orten, über die schreibt, und fand für dieses Buch Tiefellern bei Bamberg, las sich in die Geschichte des 200-Seelen-Dorfes ein und verwendete Teile daraus. „Wenn mich ein Stoff fasziniert und ich daran etwas zu beißen habe, dann gefällt mir das sehr“, so der 54-Jährige der als freier Journalist arbeitet und Philosophie in München sowie Journalismus in New York studierte.
Botschaften will er mit seinen Büchern keine verwirklichen, auch nichts damit bewirken. „Es ist die reine Lust am Schreiben, die mich treibt“, sagt der Mann, der sein eigenes Leben für langweilig hält: „Ich schreibe, damit ich was erlebe.“
Deshalb steckt er auch schon wieder tief in der Arbeit zu seinem nächsten Buch, zu dem er allerdings noch nichts sagen möchte. „Wenn es raus ist, komme ich gerne wieder in die Schwabmünchner Buchhandlung und stelle es vor.“
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Die bisherigen Bücher von
Christoph Poschenrieder: Die Welt ist im Kopf, Der Spielkasten, Das Sandkorn, Mauersegler und Kind ohne Namen.