„Ein Privileg, solche Brüder zu haben“
Rani Khedira trägt zu einem kurzweiligen Abend in Wörnitzstein-Berg bei. Der 24-Jährige spricht über seine Familie, Freundschaften und Gehälter im Profifußball
Aushängeschilder des SV Wörnitzstein-Berg sind dessen BezirksligaFußballer und die Frauen-Mannschaft, die in der Oberliga spielt. Einen besonderen Namen hat sich der Verein aus Donauwörth mit seinen rund 600 Mitgliedern durch seine intensive Jugendarbeit gemacht. Kein Wunder also, dass unter den 100 Besuchern des FCA-Stammtisches, einer Veranstaltung unserer Zeitung zusammen mit dem Bundesliga-Klub, viele Jugendliche waren. Gast des Abends im Wörnitzsteiner Sportheim war Rani Khedira. Der 24-jährige Mittelfeldspieler antwortete geduldig, ernsthaft und sympathisch zu folgenden Themen:
... seinem Verzicht auf die WM-Teilnahme mit der tunesischen Nationalmannschaft, was ihm wegen seiner Doppelstaatsbürgerschaft und der Anfrage des tunesischen Verbandes möglich gewesen wäre. Khedira:
Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, spreche weder arabisch noch französisch. Da hätte ich schon die letzten zwei Jahre für Tunesien spielen müssen. So aber würde ich jetzt einem tunesischen Spieler den Platz wegnehmen. Das wäre nicht fair gewesen.
Khedira:
Ich habe alles dem Fußball untergeordnet und dabei erfahren, was mit Arbeit und Disziplin alles möglich ist. Khedira:
Nach der mittleren Reife war die Frage, weiter zur Schule zu gehen oder eine Ausbildung zu machen. Ich entschied mich für Letzteres und hatte Glück, dass ich die Ausbildung beim VfB Stuttgart machen konnte. Da liefen dann Arbeit und Fußball nebenher. Es war die richtige Entscheidung. Ich war diszipliniert und habe eine tolle Familie, die mich unterstützt hat. Khedira:
Das Fußballverrückte kommt von meinem Vater. Woher das Talent kommt, weiß ich allerdings nicht. Mein Vater ist klein, stand im Tor und war nicht gerade der Beste. Deshalb kann ich auch nicht erklären, warum es mit Sami und mir gleich zwei in den Profifußball geschafft haben.
Khedira:
Sami ist sieben Jahre älter als ich. Zu ihm habe ich hochgeschaut. Mit 18 stand er wegen einer schweren Verletzung schon vor dem Karriereende. Heute ist er Weltmeister und Champions-League- Sieger. Ich bin dankbar dafür, sein kleiner Bruder sein zu dürfen.
... Denny, den vier Jahre älteren, der ein 1,0-Abitur geschafft hat und seine beiden Brüder geschäftlich berät. Khedira:
Wie Denny Schule und Studium angegangen ist, war beeindruckend. Es ist ein Privileg, zwei solche Brüder zu haben. Sie sind auch meine besten und engsten Freunde.
Khedira:
Es gibt Freundschaften. Allerdings sind sie nicht mehr so tiefgründig wie in Jugendzeiten. Das hat natürlich auch mit der Schnelllebigkeit des Fußballs zu tun. Weil ich in Leipzig immerhin drei Jahre war, haben sich für mich dort einige Freundschaften entwickelt, die auch über meinen Weggang dort gehalten haben.
... Traditionsvereine wie Augsburg und Stuttgart, und einem Unternehmensableger wie RB Leipzig. Khedira:
Als Spieler bei RB habe ich die Anfeindungen gespürt. Das war lehrreich. Man ist auf Widerstand gestoßen und musste damit fertig- werden. Für mich ist das eine reine Mediengeschichte. In allen Vereinen geht es um Fußball und Arbeit.
...Diskussion um junge LaptopCoaches und alte Trainer, die auf ihre Erfahrung vertrauen. Khedira:
In Stuttgart hatte ich in einem Jahr Thomas Schneider und Huub Stevens als Trainer. Der eine war um die 40, der andere um die 60. Schneider hat die Sprache der Jungen gesprochen. Der konnte sich in mich hineinversetzen. Stevens hatte jede Situation schon mal erlebt, wusste immer, was zu tun war. Mit ihm haben wir uns in der Bundesliga gehalten. Was ich sagen will: Es geht nicht um jung oder alt – es geht um Qualität. Davon ist in Deutschland ausreichend vorhanden.
... Ralph Hasenhüttl, ehemaliger Khedira-Trainer in Leipzig und als Heynckes-Nachfolger beim FC Bayern im Gespräch. Khedira:
Ein sympathischer Trainer, der eine Mannschaft gut führen kann. Ich glaube, der könnte das gut. Khedira:
Fußball ist für mich mehr Freude als Last. Es gibt nichts Schöneres als einer von den 22 zu sein, die auf dem Platz stehen. Ein Familienvater mit geringem Einkommen hat einen viel größeren Druck als wir.
... Gehälter. Bayern-Stürmer Sandro Wagner behauptet, Fußball-Profis verdienen zu wenig, Gladbachs Matthias Ginter, sie verdienen zu viel. Khedira:
Da kann ich mich keinem von beiden anschließen. Wir Profis können wenig dafür, dass im Fußball so viel Geld unterwegs ist. Andererseits hat man nur zehn, zwölf Jahre, in denen man gut verdient. Danach muss es weitergehen. Viele Spieler haben das Ziel, ausgesorgt zu haben. Ausgesorgt – das Wort mag ich nicht. Jeder sollte den Ehrgeiz haben, auch nach seiner Fußball-Karriere noch etwas zu schaffen.
Khedira:
Irgendwann einmal international spielen.