Mit 66 ist noch lange nicht Schluss
Die Lumpenbacher gehören seit 1952 zu den großen Festzeltkapellen im Landkreis. Die Besetzung hat sich immer wieder verjüngt, einige Familien stellen die dritte Generation Musiker. Über die Jahre hat sich viel verändert
Königsbrunn
„Atemlos durch die Nacht“von Helene Fischer gehört zur Zeit unbedingt ins Repertoire einer guten Partyband. Das sind die Lumpenbacher aus Königsbrunn ohne Zweifel, und ihre Geschichte zeigt, dass die einstige Trachtenkapelle nicht atemlos durch die Zeit ging, sondern einen langen Atem bis heute beweist. Zum Start der Festzeltsaison geben sie einen Überblick über die Geschichte der Kapelle.
Der Überlieferung nach gab es bereits um die Jahrhundertwende eine Blaskapelle in der Brunnenstadt. 1952 erfolgte die Gründung der Trachtenkapelle, nachdem schon Jahre zuvor musiziert wurde. Heute, 66 Jahre nachdem die große Trommel von den Gründungsvätern für das Erinnerungsfoto in die Mitte genommen wurde, ist die Enkelgeneration am Start. Oder vielmehr auf der Bühne. Und das nicht nur im übertragenen Sinne.
Drei der zur aktuellen Besetzung gehörenden jungen Männer sind Enkelsöhne der alten Garde. Der Dirigent Marian Weser trat sozusagen in die Fußstapfen seines Opas Karl-Heinz Tuffentsammer und die Brüder Michael und Stefan Schuler wandeln auf den Spuren ihres Opas Fritz Schuler (verstorben). Die Generation dazwischen ist vertreten durch Konrad Weser und Walter Schuler – der wiederum der Vorgänger von Marian Weser als Dirigent ist. „Aber auch viele der anderen Musikerkollegen haben Verwandte, die in der Trachtenkapelle gespielt haben“, erklärt Weser jun. Felix Hofstetter beispielsweise folgte einem Onkel. Hofstetter ist nicht aus der Brunnenstadt, sondern aus Graben. „Das ist nur eine von vielen Gegebenheiten, die sich im Laufe der 66 Jahre geändert haben“, wie Stefan Schuler sagt. Er ist der Vorsitzende und zählt auf: „Außer aus Königsbrunn, kommen die insgesamt 13 Musiker heute unter anderem aus Graben, Oberottmarshausen, Großaitingen oder Scherstetten.“Neu ist auch, dass mit Linda Fleischer eine Sängerin mit auf der Bühne steht. „Das ist der Lauf der Zeit“, erklärt Weser. Und Songs von Nena oder eben Helene Fischer müssten von einer Frau gesungen werden. „Sie kommt gut an beim Publikum“, sind sich die Männer ei- Ebenfalls völlig anders sind die Töne, die die Lumpenbacher im Jahr 2018 anschlagen. „Wir sind auf dem Weg zu einer richtig guten Partyband, ohne dabei unsere Wurzeln zu vergessen“, sagt Weser jun. Zu englischsprachigen, rockigen Songs, wie „It’s my Life“(Bon Jovi) oder „Summer of ’69“(Brian Adams) gehören bayrische Klassiker wie „Skandal im Sperrbezirk“(Spider Murphy Gang) genauso wie deutsche Stücke von den Sportfreunden Stiller. Letzteres vor allem in diesem Jahr, wenn die Lumpenbacher während der Fußball-WM im Bierzelt auf der Gautsch spielen. Heute müsse sich eine Band immer auf die neuesten Trends einstellen und diese werden immer schnelllebiger. „Das Bierzelt heute ist gerade für die Jugend im Gegensatz zu früher eine reine Partylocation“, erzählt der Dirigent. Viel junges Publikum kommt im Dirndl und der Lederhose und will den ganzen Abend Stimmung pur. Da müssen die Lumpenbacher schnell reagieren und es muss viel mehr geprobt werden, damit die ständig neu dazukommenden Hits wie „Havana“(Camila Cabello) oder „Despacito“(Luis Fonnig. si) sitzen. Den Spagat zwischen Moderne und Tradition bekommen sie hin, und so gehören alte Polka-Weisen wie „Auf der Vogelwiese“oder „Böhmischer Traum“bei ihren Auftritten dazu. Was die Gründungsmitglieder nicht kannten, waren Mitmusiker mit Keyboard, Bass oder E-Gitarre. Bei den Nachfahren gehört das selbstverständlich dazu, genau wie die Technik. Sie haben eine eigene Ton- und Lichtanlage und zwei Techniker.
Auf unsere Frage, wo denn der Reiz für sie sei, als junge Männer in dieser Formation zu spielen, kommen gleich jede Menge Antworten. Für Weser ist es toll, weil er nicht nur die Familientradition fortführt, sondern auch zugleich sein Hobby zusammen mit seinen besten Freunden ausüben kann. Ähnlich sieht das Stefan Schuler, und ihm gefällt außerdem, dass er damit Menschen begeistern kann. Sebastian Pentz und Felix Hofstetter sind sich einig: „Es ist ein cooles Gefühl, in einem Bierzelt mit gut gelaunten Leuten Musik zu machen und zu sehen, wie der Funke überspringt.“
Auch wenn Bierzelte die Auftrittsorte Nr. 1 sind, vergessen die Lumpenbacher nicht, wo sie herkommen. So spielen sie auch bei Traditionsveranstaltungen in der Brunnenstadt, wie dem Ostersonntag oder dem Tanz um den Maibaum. Und am Herzen liegt ihnen der alljährliche Weißwurstfrühshoppen, wie Marian Weser sagt: „Da laden wir alle Generationen ein, mit uns zusammen ein paar schöne Stunden zu verbringen und Spaß zu haben.“Heuer am Sonntag, 10. Juni, von 10 bis 14 Uhr auf dem Gelände des ehemaligen Trocknungswerkes Schuler zwischen Königsbrunn und Bobingen.