Ideen aus dem Nichts
Impro à la turca in der Kresslesmühle
Bayram ist ein cooler Typ und der beste Freund von Zuschauer Max. Max will nicht, aber am Ende hat ihn das Trio des Münchener Improvisationstheaters so weit: In den Händen links eine Schelle, rechts eine Hupe, dirigiert er in der Kresslesmühle das Spiel der Münchener, die den Beginn Bayrams und seiner Freundschaft auf die Bühne bringen. Geschmeidig, witzig und unter dem Gelächter der etwa 40 Zuschauer bewegen sich Hülya Bozkurt-Weller (Bayram), Yusuf Demirkol (Max) und Sahika Tetik (Max’ Freundin) durch ihre spontan „getürkten“Szenen. Wobei: „Getürkt“dürfen nur Türken sagen, warnt Demirkol. Sonst droht Diskriminierung.
Schelle schütteln heißt: korrekt. Hupe drücken: falsch. Die Darsteller testen sich durch die deutschen Vorbehalte. Macho-Bayram mit dem BMW, Raucher, zwangsverheiratet mit 16, will eine Männerfreundschaft mit Max. Der solle seine Freundin doch auch mal zu Hause lassen wie er selbst seine Aise. Frauen stören. Bis dahin kein Widerspruch von Max. Die Hupe schweigt. Nur der BMW ist falsch. Fährt Bayram Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel?
So ganz klären lässt sich das nicht. Ist aber auch egal, denn Improvisations-Comedy lebt nicht von der Wahrheit. Im Gegenteil. Gut trainiert, zeigen Impro à la turca Lügen, Kreativität, Geistesgegenwart und Geschichten, die sich auf Zuruf aus dem Publikum in ihren Köpfen entwickeln. Alltagssituationen bekommen durch das unablässig ratternde Kopfkino der Darsteller plötzlich absurd zugespitzte Züge. Auch Körpereinsatz geht – trotz der kleinen Bühne. Ausgreifend stolziert Hülya mit hohen Absätzen über den Stadtmarkt oder steckt mit ihrer Kollegin bis zu den Ellenbogen im Dönerfleisch, das in der Fabrik synchron geknetet werden muss.
Faszinierend zu sehen ist, wie hingeworfene Gags der je anderen aufgenommen und in atemberaubendem Tempo geistesgegenwärtig weitergesponnen werden. Bis heute, so Yusuf Demirkol, seien Impro à la turca die einzige deutsch-türkische Combo für Improvisationstheater im deutschsprachigen Raum. Zugewandt, blitzgescheit und mit einem ordentlichen Schuss Lokalkolorit reißen sie ihr Publikum mit und haben sichtbar selber Spaß an ihren Geschichten. Die deutschtürkischen Klischees, die sie aufs Korn nehmen, und die ja ihr Markenzeichen sind, bleiben jedoch bis auf kurze politische Momente eher harmlos und oberflächlich. Mit mehr Mut ließen sich sicher auch aktuelle Verhärtungen im deutschtürkischen Alltag ein wenig weglachen.