Oberbürgermeister verteidigt Baumfällungen
Die Stadt will am Herrenbach nicht mehr bis Herbst warten. Schon ab Dienstag sollen dort die ersten Bäume abgesägt werden. Bei Bürgern und Stadträten sorgt dies für Unmut. OB Gribl sagt: Es gibt keine andere Lösung
Die geplante Fällung von 34 Bäumen am Herrenbach wird kontrovers diskutiert. Viele Anwohner ärgern sich, dass die Maßnahme so plötzlich durchgezogen werden soll und wollen sich dagegen zur Wehr setzen. Am Freitag hatten sie an den Bäumen bereits Schilder mit der Aufschrift „Ich bleibe hier stehen“angebracht. Freie-Wähler-Stadtrat Volker Schafitel beantragte am Samstag in einem Schreiben an Umweltreferent Reiner Erben (Grüne), die Fällungen abzusagen und dem Stadtrat stattdessen „eine seriöse und nachvollziehbare Alternative“vorzulegen. Schafitel ist der Ansicht, dass der Hochwasserschutz am Herrenbach durch eine bauliche Sanierung des Kanalbetts gewährleistet werden könnte. Die Bäume könnten dann stehen bleiben.
Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) verteidigte am Samstag gegenüber unserer Zeitung die Entscheidung, bereits nächste Woche mit den Fällungen zu beginnen und nicht wie geplant bis Herbst zu warten: „Wir haben einen Punkt erreicht, an dem konsequent und verantwortungsvoll gehandelt werden muss“, meldete der Oberbürgermeister sich aus dem Urlaub.
Wie berichtet, geht es um insge- samt 96 Bäume zwischen Friedberger und Reichenberger Straße. Laut Wasserwirtschaftsamt könnten sie bei einem Sturm umfallen und einen Dammbruch verursachen. Im schlimmsten Fall würden dann 30 Millionen Liter Wasser ins angrenzende Wohngebiet fließen. Ein Szenario, das die Stadtverwaltung ans Pfingsthochwasser vor 19 Jahren erinnert – und dessen Wiederholung sie tunlichst vermeiden will.
Am Freitag hatte die Verwaltung deshalb bekannt gegeben, dass die ersten Bäume ab Dienstag gefällt werden. Im Herbst folgen 44 weitere, nächstes Jahr nochmals 18. „Wir haben versucht, Zeit für die Fällungen zu gewinnen und so Belangen des Artenschutzes gerecht zu werden“, betont Gribl. Hintergrund: Während der Vogelbrutzeit ist es verboten, Bäume zu fällen oder zurückzuschneiden. Ausnahmen gibt es nur bei Gefahr im Verzug. Eben diese befürchtet die Stadt aber.
Vergangene Woche habe sich so „beim ersten Ernstfall einer Sturmansage“gezeigt, dass der Bach nicht schnell genug abgelassen werden könnte, um Überschwemmungsgefahren sicher in den Griff zu bekommen, sagt Gribl. Ein Probelauf über Pfingsten ergab, dass das Wasser mindestens vier Stunden bräuchte, um abzufließen. Zu lange, um eine Überschwemmung von Wohngebieten auszuschließen. Ab Dienstag vergangener Woche habe es laut Gribl dann mehrere Diskussionen zwischen den zuständigen Ämtern gegeben, um Lösungen zu finden, ohne die Bäume schon jetzt fällen zu müssen. Doch weder die Aufstellung von Sandsäcken oder Hochwasserschutzwänden noch die komplette Sperrung des Bachs habe sich am Ende als machbar erwiesen. Auch die Idee, die Bäume untereinander zu vertäuen, um ihre Standsicherheit zu erhöhen, musste verworfen werden.
„Am Mittwoch hat uns das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth schriftlich mitgeteilt, dass nur durch eine Sofortmaßnahme erhöhte Sicherheit gewährleistet werden kann. Das heißt im Klartext: weiteres Abwarten nur auf Risiko der Stadt. Es ist doch selbstverständlich, dass wir dieses Risiko für die Anwohner nicht eingehen“, sagt Umweltreferent Erben. Dies habe letztlich zur Entscheidung geführt, die Bäume so schnell wie möglich zu fällen.
Vom Entschluss der Stadtspitze wurden offenbar auch viele Kommunalpolitiker überrascht. „Wir Stadträte, zumindest die von der Opposition, wurden erst am Freitagnachmittag per Mail von der bevorstehenden Aktion unterrichtet“, so Rudolf Holzapfel, Fraktionsvorsitzender von Pro Augsburg. Dass die Bäume gefällt werden müssen, bezweifelt er nicht. Er wundert sich aber, „warum dies jetzt in der Dringlichkeit erfolgen muss“. Selbst bei Starkregen schwelle der Kanal nicht so schnell an, dass nicht zeitgerecht Schleusen geschlossen werden könnten, glaubt Holzapfel. „Sturmschäden oder andere Beschädigungen durch vorausgegangene Ereignisse wurden an den Bäumen nicht festgestellt, sodass hier Standsicherzeit anzunehmen ist.“
Volker Schafitel (Freie Wähler) fühlt sich aktuell an die Situation am Stempflesee erinnert. Auch dort sei es das Mantra der Ämter gewesen, dass die Bäume weg müssen. Heute liege der See dank Bürgerengagements „idyllisch wie eh und je“im Siebentischwald. Umweltreferent Erben will dies so nicht stehen lassen: Die beiden Vorgänge seien nicht miteinander vergleichbar: „Beim Stempflesee ging es um Naherholung und die Erhaltung einer Idylle mit möglichst vielen Bäumen. Am Herrenbach stellen die Bäume eine Gefahr dar.“
Die Stadt hat für Montagabend eine Infoveranstaltung anberaumt. Umweltreferent Erben, in dessen Verantwortungsbereich die Aktion fällt, will den Bürgern erläutern, warum die Fällungen am Herrenbach notwendig sind und warum sie nicht aufgeschoben werden können. Dass man so kurzfristig eingeladen habe, sorgt nicht nur bei Anwohnern für Unverständnis. Für Pro Augsburg „zieht“die Stadt „eine Alibi-Schau ab, bei der sich betroffene Anwohner vera... vorkommen müssen“, so Holzapfel.
Oberbürgermeister Gribl wehrte sich am Samstag gegen diesen Vorwurf. Man befinde sich in einer Situation, „die es nicht einmal gedanklich zulassen würde, jemanden auf den Arm nehmen zu wollen“. Der Stadtverwaltung sei durchaus bewusst, dass das Informationstreffen sehr kurzfristig anberaumt wurde.
Die für eine Fällung notwendige Genehmigung sei jedoch erst am Freitagnachmittag von der Regierung von Schwaben avisiert worden. „Uns ist daran gelegen, den Anwohnern unsere Überlegungen mitzuteilen“, sagt Gribl. Dies wolle man lieber am Abend zuvor als danach oder gar nicht tun.
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Infoveranstaltung
Die Stadt Augs burg will am heutigen Montag, 28. Mai, um 18 Uhr über die anstehenden Baumfällungen berichten. Treffpunkt ist in der Grünanlage am Alten Heuweg/ Heinestraße.