Mountainbike
Vergnügen oder Ärgernis?
Landkreis Augsburg
Schon lange pflegt der Mann freiwillig den Jägerund Hubertussteig bei Streitheim. Er zieht mit einer Elektroschere los, um die Pfade freizuschneiden, verlegt Rohre und gräbt Rinnen, damit die Wege nicht verschlammen. In den vergangenen Jahren trifft er dabei immer wieder auf Mountainbiker, die ihn teilweise „maßlos ärgern“. Er betont, dass das Fahren auf dem Jäger- und Hubertussteig nicht erlaubt sei, und ärgert sich über Biker, die keine Rücksicht auf Fußgänger nehmen. „Das sind keine Einzelfälle“, sagt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.
Dass auf dem Jäger- und Hubertussteig viele Biker unterwegs sind, ist kein Wunder. Auf dem Mountainbikeund Wanderportal Komoot empfehlen sieben von sieben Bikern die Strecke. Eine Nutzerin betont in ihrem Post: „Der Jägerund Hubertussteig zählt zu einem der schönsten und längsten Single Trails im Naturpark Augsburg Westliche Wälder.“Sie verweist auf die Verbotsschilder am Jägersteig, ergänzt aber: „So manche Reifenspuren verraten allerdings, dass dieser Rundkurs auch bei Mountainbikern sehr beliebt ist.“
Ein weiterer Mountainbike-Hotspot im Landkreis ist der Wald bei Deuringen. Auch die Trails dort tauchen auf der Internetseite auf. Der Konflikt zwischen Bikern, Waldbesitzern und Wanderern schwelt hier schon länger und eskalierte vor einigen Jahren mit Nagelbrettern und anderen gefährlichen Hindernissen auf den Trails. Rechtlich gesehen ist die Situation schwie- rig. Auf Anfrage erklärt Mareike Hartung, die Radverkehrsbeauftragte im Landratsamt: „Nach der Bayerischen Verfassung ist das Radfahren in freier Natur, und solange es zu Erholungszwecken sowie keinen rein sportlichen Zwecken dient, geschützt.“Voraussetzung sei der pflegliche Umgang mit Natur und Landschaft. Ein weiterer wichtiger Punkt findet sich im bayerischen Naturschutzgesetz. Das Radfahren ist „nur auf Straßen und geeigneten Wegen zulässig“. Laut Hartung liege die Entscheidung darüber, welcher Weg geeignet ist, allein beim Radler. Dieser trage allerdings auch das „Risiko einer falschen Beurteilung“. Diesen Punkt im Gesetz greift auch Werner Platteder, der Geschäftsführer des Vereins Naturpark Augsburg Westliche Wälder, auf. Er sagt: „Ich habe schon mit Bikern gesprochen, für die eigentlich jeder Weg geeignet ist.“Es brauche klare Regeln, betont er. Für ihn ist das Mountainbiken in den Westlichen Wäldern „eine neue Entwicklung, die man nicht mehr leugnen kann“. Zum Konflikt sagt Platteder: Sowohl Wanderer als auch Biker gingen immer wieder zu weit. Rücksichtslose Mountainbiker, „die rigoros ihre Freifahrt erzwingen“, seien genauso für die Verschärfung verantwortlich wie Fußgänger, die aggressiv auf die Sportler reagieren. Er appelliert für ein Miteinander und mehr Rücksicht im Wald.
Ähnlich sieht es Hubert Droste, Betriebsleiter bei den Bayerischen Staatsforsten in Zusmarshausen und somit auch für Jäger- und Hubertussteig verantwortlich. Er sagt: „Im Großen und Ganzen haben wir in unserem Wald ein gutes Miteinander.“Es gebe nur vereinzelt Probleme mit Mountainbikern. Bisher war er wie viele seiner Kollegen der Auffassung, dass das Radfahren auf Steigen und Pfaden im Wald nicht erlaubt sei. Mittlerweile sieht er es etwas anders. Er betont seinen Auftrag, die Erholungsfunktion im Wald zu fördern. „Wir wollen, dass alle im Wald Freude haben“, sagt er.
Die Formulierung der „geeigneten Wege“hält auch Hubert Droste für streitbar. Das Fahren auf Steigen und Pfaden sieht er „kritisch“, kann aber auch die Sicht der Mountainbiker verstehen. Allerdings zieht der Leiter des Forstbetriebs klare Linien: Querfeldeinfahren ist für ihn ein absolutes No-Go, ebenso wie das illegale Anlegen von Trails. „Hier bewegen wir uns im Bereich der Sachbeschädigung“, sagt er. Wenn dem Forstbetrieb illegal angelegte Schanzen, Kurven und Pfade auffallen, müsse er den Pfad absperren und Anzeige gegen unbekannt erstatten. „In unserem Wald sind wir für die Verkehrssicherheit verantwortlich“, sagt Droste. Bei Unfällen könnte es sein, dass sein Betrieb haften muss. Offen wäre der Forstbetriebsleiter allerdings für Vereine, die ihren Sport im Staatswald ausüben wollen. „Da könnte man sicherlich eine Lösung finden“, betont er. Dieter Möckl, der Leiter der Mountainbike-Abteilung bei der Spielvereinigung Auerbach/Streitheim, könnte ein Ansprechpartner sein. Möckl ist die Rücksicht auf Fußgänger besonders wichtig. Außerdem sagt er: „Wir sind bereit zu helfen.“Der Abteilungsleiter ist froh, dass es zum Dialog kommt.
Lösungen können nur am Runden Tisch gefunden werden, da sind sich alle Beteiligten einig. Das Problem ist, dass nur wenige Mountainbike-Gruppen so organisiert sind wie die SpVgg Auerbach/Streitheim. Es fehlen die Ansprechpartner. „Alle müssen mitwirken, auch die Biker, die wissen schließlich, was sie brauchen“, sagt Werner Platteder. Die Radbeauftragte Mareike Hartung pflichtet bei: Ein gemeinsamer Dialog könne für die Ansichten der anderen Seite sensibilisieren. Außerdem „könnten speziell für Mountainbiker ausgeschilderte Strecken eine Lösung sein, um den Konflikt in bestimmten Gebieten zu entschärfen“, sagt Hartung. Der Naturparkverein könne sich gut vorstellen, Mountainbike-Strecken in seine Tour-Empfehlungen aufzunehmen, sagt Platteder und ergänzt: „So könnte man die Biker kanalisieren und den Konflikt entschärfen.“