Belohnung für den Polizistenmörder?
Rudolf Rebarczyk hat zwei Beamte getötet. Weil er nun im Gefängnis eine Bluttat verhinderte, könnten seine Haftbedingungen gelockert werden. Das ist nicht das Einzige, was viele ungern sehen
Augsburg/Koblenz
Er hat zwei Augsburger Polizisten ermordet und sitzt seit sechseinhalb Jahren unter verschärften Bedingungen im Gefängnis. Doch nun hat Rudolf Rebarczyk,
63, in der JVA Diez einer Frau möglicherweise das Leben gerettet. Winken dem Doppelmörder als Belohnung für diese Rettungstat Erleichterungen im Gefängnis? Es spricht einiges dafür.
Es ist üblich, dass Gefangenen bei gutem Betragen Lockerungen im Vollzug gewährt werden. Für den erklärten Staatsfeind Rebarczyk waren die Haftbedingungen bisher besonders streng. Er saß zeitweise in Isolationshaft, darf nur eine Stunde am Tag aus seiner Zelle und nicht arbeiten. Aber jetzt hat er, wie berichtet, im Besuchsraum des Gefängnisses in Rheinland-Pfalz einen verurteilten Frauenmörder beim Angriff auf dessen Ehefrau gestoppt. Der
36-jährige Thorsten S. hatte sie mit einem aus einer Scherbe gebastelten Messer an Hals und Brust attackiert. Zurzeit läuft der Prozess gegen S. Und in dem Verfahren hat Rudolf Rebarczyk als Zeuge ein ganz anderes Gesicht gezeigt.
Geduldig beantwortete der Schwerverbrecher die Fragen des Ralf Bock. Der bedankte sich sogar für Rebarczyks „mutiges Eingreifen“. Und empfahl: „Das sollte auch in Ihrer Anstaltsakte vermerkt werden.“Was dort drinsteht, ist entscheidend dafür, wie ein Häftling behandelt wird. Rebarczyks Anwalt Florian Eder plant, bald Lockerungen zu beantragen. Er kritisiert, dass sein Mandant als „Spezialfall“behandelt werde: Während der verurteilte Frauenmörder Thorsten S. ein Handy im Knast besessen habe und ein selbst gebasteltes Messer in den Besuchsraum schmuggeln habe können, werde Rebarczyk vor jedem Besuch nackt durchsucht. Die Justizbediensteten redeten kaum mit ihm. „Menschlichen Respekt sollte man ihm entgegenbringen“, sagt Eder. Dass das viele Menschen anders sehen, zeigen Reaktionen im Internet auf unsere Berichterstattung über Rebarczyks Rettungstat. Auch die Augsburger Opferanwältin Marion Zech warnt davor, Rebarczyk zu verharmlosen: „Dass er jetzt mal etwas Sinnvolles getan hat, ändert nichts an seinen brutalen Verbrechen.“Zech vertritt die Streifenkollegin des getöteten Polizisten Mathias Vieth. Die hat die Brüder auf Schmerzensgeld verklagt. Heute könnte ein Urteil fallen.
Rebarczyk sei „angegriffen“ durch die lange, harte Haftzeit, sagt Eder. Das und die Tatsache, dass der
63-Jährige seit einiger Zeit mit einer Frau aus Augsburg verlobt ist, die in einer Kita arbeitet, könnte das zahme Verhalten des Rudolf Rebarczyk erklären. In seinem letzten Augsburger Strafprozess hatte er keine Respektlosigkeit gegenüber dem Gericht ausgelassen und betont, er erkenne den Staat nicht an.
Rebarczyk ist einer der schlimmsten Verbrecher, die Augsburg hervorgebracht hat. Mit
19 Jahren erschoss er auf der Flucht den Polizeiobermeister Bernd-Dieter Kraus. Das war 1975. Eine „lebenslange“Zuchthaus-Strafe endete
1995. Im Oktober 2011 erschossen er und sein Bruder Raimund Mayr – wieder auf der Flucht – den Polizisten Mathias Vieth.
Seither gilt Rebarczyk in Bayern als einer der gefährlichsten Kriminellen überhaupt. Bereits 1990 war er an einer „Knast-Revolte“in Straubing beteiligt. Im Gefängnis soll er Kontakt zu RAF-Terroristen gehabt haben. Nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft und SicheRichters rungsverwahrung wurde er vor zwei Jahren im Austausch gegen einen anderen Schwerverbrecher nach Rheinland-Pfalz geschickt. Er kam aus der JVA Landshut in das Hochsicherheitsgefängnis von Diez. Doch im bayerischen Polizei- und Justizapparat wachsen nun die Zweifel, ob dieser Austausch richtig war. Denn nach dem Angriff von Thorsten S. auf seine Frau tobt in RheinlandPfalz eine Debatte über die Sicherheitsstandards in der JVA Diez. Ist der zweifache Polizistenmörder sicher in einem Gefängnis verwahrt, in dem ein Gefangener ein Messer basteln und in den Besuchsraum schleusen kann? Die Zweifel werden nicht dadurch kleiner, dass Rebarczyk nach dem Vorfall in Diez in das kleine Gefängnis von Rohrbach verlegt wurde. Diese JVA ist nicht für Schwerverbrecher ausgelegt.
Nach einem Gefangenen-Austausch hat der Freistaat Bayern allerdings keinen Einfluss mehr: „Mit der Verlegung obliegt auch dem aufnehmenden Land die Entscheidung, welche Standards für welche Gefangenen gelten“, teilt das bayerische Justizministerium mit. Bliebe noch die Möglichkeit, Rebarczyk nach Bayern zurückzuholen. Doch das ginge nur, wenn besonders wichtige Gründe vorliegen.