Das Aroma macht den Gin so besonders
Unser Essen Zwei Varianten des Branntweins werden seit Kurzem in der Singold Destillerie in Wehringen hergestellt. Inhaber Hans-Jürgen Filp hat damit nach sechs Jahren endlich seine eigene Brennerei / Serie (51)
Passionierte Gin-Trinker kennen vermutlich zwei Varianten, um Gin herzustellen. Die erste Herstellweise ist simpel: Zum Rohalkohol kommen Aromen in Form von Sirup oder Kräutern hinzu. Variante zwei ist die Königsdisziplin: die Herstellung von London Dry
Gin. Zunächst wird
Alkohol aus Getreide gebrannt, anschließend kommen Kräuter hinzu
– im Fachjargon heißt das „Mazerieren“. Gemeinsam wandert das Alkohol-KräuterGemisch in die Brennanlage. Dort entsteht eine reine, unbehandelte Mischung, die zu 100 Prozent destilliert ist. Mit London hat diese Herstellvariante nichts zu tun. Dafür hat die zweite Herstellweise etwas mit der Singold zu tun. Der neue Gin der Singold Brand GmbH wird nämlich dort destilliert, wo das etwa 50 Kilometer lange Flüsschen sich von Waal im Landkreis Ostallgäu in den Augsburger Stadtteil Göggingen schlängelt: in Wehringen.
Das Besondere am Gin aus der Singold Destille ist der Aromatopf. Das überdimensionale Sieb wird mit den Aromen angefüllt, die unter anderem für den erlesenen Geschmack verantwortlich sind. Inhaber HansJürgen Filp hat eine einfache Erklärung für das, was nun passiert: „Es ist ähnlich wie bei der Tee-Zubereitung.“Zur Herstellung seiner GinVarianten gibt er Schalen von Zitrusfrüchten und weitere Zutaten, die nicht verraten werden, in den Aromatopf. Seine Vision: Später einmal möchte der 42-Jährige auch Kunden die Möglichkeit bieten, ihre eigenen Geschmackskreationen herzustellen. Da sich die Siedepunkte von Wasser und Alkohol voneinan- der unterscheiden – der Siedepunkt von Alkohol liegt bei 78 Grad Celsius, der von Wasser bei 100 Grad Celsius – verdampft erst der Alkohol. Die Dämpfe steigen durch die Brennkolonne. Dabei trennt sich der Alkohol vom Wasser. Die Alkoholdämpfe steigen durch den Aromatopf und verleihen dem Gin, der nur wenig später fertig ist, seinen Geschmack.
Im Angebot hat Filp zwei GinSorten: eine Sommer- und eine Wintervariante. Das leuchtend gelbe Etikett gehört der Sommervariante mit fruchtig-frischer Note. Wacholderbeeren, Koriander, Orangenblüte, Lavendel und verschiedene Pfeffersorten tragen zum Geschmacksbouquet bei. Welches Etikett das Winter-Pendant trägt, wird erst im Herbst verraten. Geschmacklich wird es sich um Aromen wie Zimt und Ingwer drehen.
Mit 88 Prozent an reinem Alkohol rinnt der Gin aus der Destille. Der Sommergin wird auf 40 Prozent Alkoholgehalt reduziert, der Wintergin auf 45 Prozent. Nach zwei bis drei Wochen Ruhezeit lässt er sich bereits verköstigen. Zum Vergleich: Die Whiskysorten aus Filps Destille sind erst nach drei Jahren verkaufsund verzehrfertig. In unterschiedlichen Fässern reifen hier vier verschiedene Whiskysorten mit einer Fassstärke zwischen 58 und 62 Prozent. Anschließend werden diese auf eine Trinkstärke zwischen 40 und 46 Prozent reduziert.
Wer den Gin aus Wehringen nicht pur genießen möchte, erhält vom Chef persönlich diesen Rezepttipp für einen Sommercocktail mit dem selbst kreierten Namen „Sommer Gingold“. Die Zubereitung ist simpel: 4 cl Gin, 2 cl Holundersirup, 2 cl Zitronensaft mit Eis im Shaker kräftig schütteln. Durch ein Sieb gießen und in ein Sektglas geben. Die Mischung mit 10 cl Prosecco aufgießen, das Glas mit Zitronenschale garnieren und servieren. An ganz heißen Tagen kann man die Eiswürfel ebenfalls dazugeben.
Schwarz- und Goldtöne dominieren in der Brennerei, wo im Grunde mehrere Firmen sich vor den Toren Wehringens zusammengeschlossen haben. Den Traum einer eigenen Destillerie zu haben, hatte Filp schon länger. Allerdings verzögerte sich der Bau in Wehringen um zwei Jahre. Filp musste „fremdbrennen“, und es kamen weitere Interessenten auf ihn zu, die heute gemeinsame Sache machen. Ein schwarzes, edles Raumambiente erwartet die Kunden im Shop, in dem nicht nur Gin und Whisky angeboten werden, sondern auch Kaffee der Rösterei Bohnenschmiede aus Wehringen und Zigarren. „Sündhaft leckere Genüsse eben“, erklärt Filp mit Verweis auf den einen Teil des Namens „Sin“(auf Deutsch: Sünde). Das „Gold“im Namen steht für das flüssige Gold, das aus der Destille rinnt. Direkt neben dem Shop befindet sich ein Showcooking-Restaurant, das das Quartett komplettiert.
Am Freitag, 22. Juni, wird in der Singold Brennerei Geburt und Verkaufsstart des neuen Gins gefeiert. Dann möchte der 42-jährige Betriebswirt seinen neuen Gin mit eigener Marke präsentieren. Nötig wurde sie deswegen, weil dieser Gin der erste ist, der in Wehringen aus der Destille fließt. Zuvor, also vor dem Bezug seiner eigenen Brennerei, konnte Filp nur in fremden Brennereien Whisky und Gin herstellen. Pünktlich zur Einweihung seiner eigenen Destillerie sollte es nun auch eine neue Marke sein. Der 42-Jährige macht hier sein Hobby zum Beruf.