Toter Leiharbeiter auf dem Flur
In einer Pension in der Schwabmünchner Wertachau findet ein Gast einen 46-jährigen Mann aus Estland. Zwei Kollegen werden verhaftet und stehen unter dringendem Tatverdacht, den Mann erschlagen zu haben
Schwabmünchen
Ein 46-jähriger Mann ist in einer Pension in Schwabmünchen tot aufgefunden worden. Die Polizei geht derzeit davon aus, dass der Mann, der aus Estland stammt, erschlagen wurde. Sie hat zwei Männer, ebenfalls aus Osteuropa, festgenommen, gegen die noch am Sonntag Haftbefehl erlassen und in Vollzug gesetzt wurde.
Die Leiche des 46-jährigen Esten wurde am Samstagmorgen gegen 7 Uhr in einer Pension in der Wertachau-Siedlung in Schwabmünchen gefunden, berichten Polizei und Staatsanwaltschaft. Nach Informationen unserer Zeitung fand ein anderer Gast den leblosen Mann auf dem Flur im ersten Obergeschoss. Er informierte eine Mitarbeiterin der Pension, die sofort die Rettungskräfte verständigte. Der Notarzt konnte allerdings nur noch den Tod des Leiharbeiters feststellen. Das Opfer hatte schwere Verletzungen am Kopf, sodass die Ermittler derzeit von einem Gewaltverbrechen ausgehen.
Noch am Samstag gab es eine Obduktion. Das Ergebnis: Der 46-Jährige ist durch „massive Gewaltein-
Tatverdächtige standen unter deutlichem Alkoholeinfluss
wirkung gegen den Kopf“zu Tode gekommen, so die Polizei. Messerstiche soll es nach Informationen unserer Zeitung keine gegeben haben. Die kleine Pension hat neun Zimmer und liegt ruhig und idyllisch direkt an der Wertach. Sie war am Wochenende ausgebucht, sagt der Pächter im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Ermittler befragten am Samstagmorgen die Mitarbeiter sowie die Gäste, zwei Männer wurden noch vor Ort festgenommen. Dabei handelt es sich um einen 29 Jahre alten Litauer sowie einen 57 Jahre alten Esten, die als dringend tatverdächtig gelten.
Die beiden Tatverdächtigen standen unter deutlichem Alkoholeinfluss, so die Polizei. Sie wurden am Sonntag dem Ermittlungsrichter vorgeführt, der Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts des Totschlags erließ. Beide Männer waren für einige Tage in der Pension zu Gast, der 57-Jährige nächtigte laut Informationen unserer Zeitung in einem Doppelzimmer zusammen mit dem Toten. Die beiden Esten sowie der Litauer waren Leiharbeiter und in den vergangenen Tagen für ein großes Logistik-Unternehmen auf dem Lechfeld im Einsatz.
Die drei Männer kamen am Dienstag beziehungsweise Mittwoch in der Pension an und sollten dort am Samstag wieder abreisen. Der Pächter der Pension spricht von „vollkommen normalen Gästen“, die nicht negativ aufgefallen seien. Sie gingen tagsüber zur Arbeit, laut gefeiert wurde an keinem der Abende. Sie hätten sich selbst versorgt und waren nie zu Gast im dazugehörigen Restaurant. Beschwerden von anderen Gästen habe es nicht gegeben. Dem Vernehmen nach soll derzeit nichts darauf hindeuten, dass es in der Nacht oder am Morgen eine größere Rangelei in einem der Zimmer gab. Blutspuren sollen in keinem der Zimmer, sondern ausschließlich im Flur gefunden worden sein. Die Ermittlungen der Polizei zum genauen Hergang und den Hintergründen der Tat dauern an.
Als das im Erdgeschoss des Ge- bäudes liegende Restaurant am Samstagmittag öffnete, waren nur noch die Spurensicherung und Beamte in zivil vor Ort. „Wir versuchen, mit der Situation so professionell wie möglich umzugehen. Bis auf unsere Übernachtungsgäste hat niemand etwas mitbekommen“, sagt der Pächter des Gasthauses, welches erst vor drei Monaten eröffnet hatte. Auch am Sonntag lief der Betrieb wie gewohnt weiter: Die Besucher im Restaurant sowie auf der großen Terrasse wurden bedient, die Zimmer können wieder vermietet werden.
Im benachbarten Großaitingen gab es vor fast zwei Jahren einen Mord im Leiharbeiter-Milieu. Ein inzwischen wegen Mordes verurteilter Mann hatte im Oktober 2016 in einer Unterkunft für Leiharbeiter aus Eifersucht seine Freundin zu Tode geprügelt. Der damals 31 Jahre alte Mann wollte, dass das Opfer ihm den Namen ihres Liebhabers nennt. Das konnte sie aber nicht – die Ermittlungen ergaben, dass die Frau treu war. Rund drei Stunden nach der Tat fuhr der 31-Jährige sein Opfer in die Klinik nach Bobingen. Die Ärzte stellten nur noch den Hirntod fest. Im Juli des vergangenen Jahres wurde der Mann vor dem Augsburger Landgericht zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.