Ist am Ende Boateng schuld?
Wehe wenn die Fair-Play-Wertung entscheidet
Kasan
Der Platzverweis von Jérôme Boateng im Spiel gegen Schweden bereitet Bundestrainer Joachim Löw Kopfzerbrechen: einerseits, weil ihm der Innenverteidiger heute gegen Südkorea (16 Uhr/ZDF) fehlt. Andererseits könnte Boatengs GelbRote Karte selbst bei einem deutschen Sieg dem Weltmeister noch das Genick brechen. Nämlich dann, wenn in der deutschen Gruppe bei Punkt- und Torgleichheit die FairPlay-Wertung über ein Weiterkommen entscheidet.
Das Regelwerk des Weltverbandes Fifa sieht vor, dass bei punktgleichen Teams folgende Kriterien angewandt werden: Zuerst die Tordifferenz aus allen Gruppenspielen, danach die Anzahl der erzielten Tore aus allen Gruppenspielen. Sollte das auch identisch sein, zählt der direkte Vergleich (Punkte, Tordifferenz, Anzahl der Tore). Gibt das auch dann keinen Sieger, kommt die Fair-Play-Wertung ins Spiel. Diese betrachtet alle Gelben, GelbRoten und Roten Karten der Teams: Für eine Gelbe Karte gibt es einen Minuspunkt, für eine GelbRote drei und für eine Rote Karte vier Minuspunkte. Wer am Ende am wenigsten Strafpunkte hat, kommt weiter.
In ebendieser Statistik liegt Deutschland mit dem Platzverweis für Boateng vor Schweden und Mexiko: Wegen zweier Gelber Karten und Boatengs Gelb-Roter weist die DFB-Elf fünf Strafpunkte auf. Schweden kommt auf drei, Mexiko auf zwei. Deutschlands Gegner Südkorea hat nur Außenseiterchancen und kommt auf sechs Strafpunkte.
Sollten etwa sowohl Deutschland als auch Schweden (gegen Mexiko) ihre Spiele 2:1 gewinnen, käme es zu dieser Pattsituation. Dann hätten alle drei Teams 4:3 Tore erzielt. Es käme zum direkten Vergleich der drei Erstplatzierten Teams unter Auslassung der Südkorea-Resultate. Demnach wäre Schweden (3 Punkte, 3:3 Tore) weiter. Mexiko und Deutschland (je 3 Punkte, 2:2 Tore) lägen gleichauf. Zwischen den beiden würde dann die Fair-Play-Wertung um Platz zwei entscheiden – mit dem derzeit schlechteren Ende für Deutschland.
Wer diese Regelung für willkürlich hält, dem sei gesagt: Sollte auch die Fair-Play-Wertung identisch sein (wenn Mexiko eine Gelb-Rote oder drei Gelbe Karten bekommt und Deutschland nicht verwarnt wird), käme ein anderes Kriterium zum Einsatz: der Losentscheid. Zuletzt war das bei der WM im Jahr 1990 der Fall. Damals entschied das Los zwischen den tor- und punktgleichen Iren und Niederländern zugunsten der Iren. Die Niederlande trafen deswegen im Achtelfinale auf Deutschland. Die Partie, die wegen der Spuckattacke von Frank Rijkaard auf Rudi Völler als Skandalspiel in die WM-Historie einging, gewann Deutschland mit 2:1.