Wo bleibt das WM Fieber?
Bei vergangenen Turnieren schmückten viele schwarz-rot-goldene Flaggen Häuserwände und Autos. Dieses Mal kann man den Eindruck gewinnen, dass weniger Stimmung herrscht. Oder doch nicht?
Die Gäste betreten in Jeans und T-Shirt den Biergarten im Wittelsbacher Park, bestellen etwas und unterhalten sich in gemäßigter Lautstärke. Fernseher laufen im Hintergrund. Was hier nach einem ganz normalen Nachmittag aussieht, spielte sich letzten Samstag während des Spiels Deutschland gegen Schweden ab. Vergleicht man diesen nicht gerade mitreißenden Anblick mit der Euphorie der letzten Jahre, kann der Eindruck entstehen: Die Stimmung hat nachgelassen. Natürlich jubelten die Gäste bei den Toren – vor allem beim 2:1-Siegtreffer von Toni Kroos – aber nicht so frenetisch wie zuletzt. Auch scheint es, als wären immer weniger Fahnen an Häusern und Autos zu sehen. Oder täuscht dieses Gefühl?
Enzo Dragone, Inhaber des gleichnamigen Restaurants am Judenberg, bestätigt den Eindruck. Da Italien bei der diesjährigen Weltmeisterschaft nicht dabei ist, unterstützt er die deutsche Mannschaft. Er sagt, dass die Leute vor allem beim ersten Spiel der Deutschen teils gelangweilt aussahen. Was mit der Leistung der Mannschaft gegen Mexiko zusammenhängen dürfte, vielleicht aber nicht nur. Als weiteren Grund sieht Enzo Dragone das fehlende Vertrauen der Deutschen in ihre Elf. Er selbst komme daher auch kaum in WM-Stimmung, sagt er. Ihm fehlen außerdem Fahnen oder Dekoartikel, die sonst immer in ganz Augsburg zu sehen waren.
Eine Mitarbeiterin des Ladens „Bears & Friends“sieht das ähnlich. Das Geschäft in der Annastraße verkauft Gummibärchen – und bietet zur Weltmeistschaft passende Ware an. Im Vergleich zum letzten Mal seien die Umsatzzahlen während der Weltmeisterschaft auffallend gesunken. Festlichkeiten werden nicht mehr so ausgiebig gefeiert und passende Deko- und Fanartikel kaum noch gekauft, sagt sie. Das habe sich auch nach dem erfolgreichen zweiten Spiel der Deutschen gegen Schweden nicht geändert.
Mitarbeiterinnen des Dekoartikelladens „Feiermeier“dagegen geben sich positiver. Zwar hätten sie auch noch nicht so viele Deutschlandflaggen verkauft, das ändere sich aber noch, vermuten sie: „Wenn die Gruppenphase erst einmal überstanden ist, dann geht die große Euphorie schon noch los!“, sagt eine der Mitarbeiterinnen. Das allerdings muss erst einmal klappen.
Auch im Irish Pub „Flannigan’s Post“stellt keiner der Angestellten fest, dass die Begeisterung nachlässt, die Stimmung während der Spiele sei immer noch ausgelassen. Es seien zwar weniger Gäste da, das liege aber am Überangebot an Public Viewing: „Heutzutage kann man in jedem Café oder Restaurant Fußball
Das Publikum teilt sich mehr auf als früher
schauen. Das teilt sich jetzt viel mehr auf als früher“, sagt einer der Kellner.
Trotzdem – noch ist nicht aller Tage Abend und auch das Problem mit der fehlenden Stimmung könnte sich bald lösen, da ist sich auch Enzo Dragone sicher: „Wenn die Deutschen ein paar Spiele gewinnen, kommt das Hochgefühl von ganz allein“, sagt er: „Die Stadt kommt sicherlich noch ins WM-Fieber.“Am Mittwoch ist die nächste Chance. Um 16 Uhr steht das Spiel gegen Südkorea an.