Warum der NSU Prozess so teuer ist
Am Mittwoch wird das Urteil verkündet. Sieben Gründe, weshalb sich das Verfahren so hinzog
München
Nach gut fünf Jahren und mehr als 430 Verhandlungstagen wird im NSU-Prozess das Urteil gegen Beate Zschäpe & Co. gesprochen. Zwei oft gestellte Fragen: Warum erst jetzt? Und: Warum ist das so teuer? Sieben Gründe:
Beim NSU-Verfahren handelt es sich um einen der aufwendigsten Indizienprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Und das hat einen Grund: Es gibt bis heute keinen Beweis, dass Beate Zschäpe an einem der Mord- oder AnschlagsTatorte war. Dennoch will die Bundesanwaltschaft, dass die heute 43-Jährige als Mörderin verurteilt wird. Das Gericht musste daher mithilfe unzähliger Indizien und Zeugenaussagen versuchen, sich ein eigenes Bild zu machen: Wie lief das Leben vor dem Abtauchen und dann im Untergrund ab? Musste Zschäpe alles wissen, was ihre Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt taten? Reichen die Indizien, um Zschäpe – wie dies die Anklage will – als Mittäterin verurteilen zu können, oder reichen sie nicht? Ähnli- ● 1. ches musste das Gericht auch bei anderen Angeklagten leisten: Ist der Weg der Mordwaffe so klar nachzuvollziehen, dass Ralf Wohlleben als Waffenbeschaffer wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden kann?
Das Gericht musste eine Fülle von Verbrechen juristisch aufarbeiten – nicht nur die neun rassistisch motivierten Morde und den Mord an einer Polizistin, sondern auch zwei Bombenanschläge und mehr als ein Dutzend Raubüberfälle.
Auch die Zahl der Verfahrensbeteiligten sorgte dafür, dass das Verfahren länger dauerte. Fünf An- ● ● 2. 3. geklagte mit insgesamt 14 Verteidigern, dazu dutzende Nebenkläger und deren Anwälte: Jeder durfte im Prozess eigene Rechte wahrnehmen, Anträge stellen und anderes. Bei den Nebenklägern handelt es sich um Angehörige der Mordopfer, aber auch um Menschen, die etwa bei einem der beiden Bombenanschläge selbst verletzt wurden.
Deutschland ist ein Rechtsstaat, in dem jeder Angeklagte in einem Gerichtsverfahren die gleichen Rechte genießt – egal ob er mutmaßlich Terrorist ist oder nicht. Und die Aufgabe von Pflichtverteidigern ist es, ihre Mandanten bestmöglich zu verteidigen. So ist es deren Recht und sogar deren Pflicht, Anträge zu stellen.
Sorgt sich ein Angeklagter, ob ein Richter oder der gesamte Senat möglicherweise befangen ist, darf er einen Befangenheitsantrag stellen. Dann müssen andere Richter darüber entscheiden. Zwangspausen sind die Folge. In bestimmten Phasen des Prozesses haben Angeklagte dieses Instrument allerdings sehr ausgiebig ● ● 4. 5. in Anspruch genommen – sodass sie sich den Vorwurf der Verzögerungstaktik gefallen lassen mussten.
Auch Erkrankungen von Angeklagten, eines Richters oder von Verteidigern sorgten dafür, dass Prozesstage ausfallen mussten. Gemessen an der Dauer des Verfahrens mit über 430 Verhandlungstagen bewegte sich das aber im Rahmen.
Dass der Prozess sehr teuer ist, liegt an der Dauer des Verfahrens und der hohen Zahl der Prozessbeteiligten. Pflichtverteidiger und Nebenklage-Anwälte müssen – so sieht es das Gesetz vor – aus der Staatskasse bezahlt werden, wenn das Gericht diese – wie geschehen – förmlich als Beistand bestellt. Hinzu kommen Kosten für Sicherheitsdienste, Technik im Gerichtssaal und anderes. Und dann sind für die Ermittlungen gewaltige Kosten entstanden: Spurensicherung, DNAUntersuchungen, Rechtsmediziner, Zeugenvernehmungen, Sachverständige. Die Kosten sind noch gar nicht fertig kalkuliert. ● ● 6. 7.