Rechtsstaat beschädigt
Zum Leitartikel „An Sami A. scheitert der Rechtsstaat nicht“von Rudi Wais (Mei nung & Dialog) vom 16. Juli:
Der Rechtsstaat ist durch die Abschiebung von Sami A. nach Tunesien
massiv beschädigt worden. Zum einen war diese Abschiebung grob rechtswidrig. Aber schlimmer noch ist: Politik und Behörden haben eine unliebsame Gerichtsentscheidung durch Täuschungsmanöver bewusst ins Leere laufen lassen. Aus den Akten des Verwaltungsgerichts (VG) Gelsenkirchen ergibt sich eindeutig, dass die Richter unter allen Umständen „vollendete Tatsachen“verhindern wollten. Deshalb forderten sie das Bamf als zuständige Behörde auf, eine verbindliche Zusage abzugeben, dass vor der anstehenden Gerichtsentscheidung keine Abschiebungsmaßnahmen eingeleitet werden. Hierauf teilte das Bamf am 12. Juli dem VG mit, dass eine Flugbuchung für diesen Tag storniert worden sei. Die Richter konnten somit davon ausgehen, dass vor ihrer Entscheidung keine Abschiebung erfolgen wird. Noch am Abend des 12. Juli. entschieden sie, dass Sami A. wegen drohender Folter nicht abgeschoben werden darf. Sie hinterlegten den Beschluss um 19.20 Uhr in der zu dieser Zeit nicht mehr besetzten Geschäftsstelle. Als der Gerichtsbeschluss am nächsten Morgen gegen 8 Uhr den Behörden übermittelt worden ist, war das Flugzeug mit Sami A. bereits seit mehr als einer Stunde Richtung Tunis unterwegs… Dieses Vorgehen der Behörden ist skandalös. Ein vergleichbar treuwidriges Behördenhandeln ist mir in einem Vierteljahrhundert Richtertätigkeit an Verwaltungsgerichten nicht begegnet. Peter Vonnahme, Kaufering