Kleine Start ups wirbeln den Markt durcheinander
Innovative Produkte sind gefragt. Aber Verbraucher sollten aufpassen
Düsseldorf
Fertigsuppen von Little Lunch statt von Erasco, Rasierklingen von Mornin’ Glory statt von Gillette, Matratzen von Casper statt von Schlaraffia: Immer mehr bekannte Konsumgüterhersteller sehen sich den Angriffen von Startups ausgesetzt, die ihnen mit neuen Ideen den Markt streitig machen.
„Sport, Hobby, Brillenmode, Gesundheit, Lebensmittel: Es gibt eigentlich keine Branche, wo der Trend zu mehr Vielfalt nicht zu beobachten ist“, sagt der Handelsexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU. Der Grund ist für den Marketing-Fachmann offensichtlich: „Die Unterschiedlichkeit der Kundenbedürfnisse hat zugenommen.“Viele Verbraucher wollen etwas, was nicht jeder andere hat und sind bereit, dafür mehr zu bezahlen. Besonders in Produktkategorien, die von einem oder zwei großen Herstellern dominiert würden, gebe es Spielräume für Newcomer, meint Fassnacht.
Ein Beispiel ist in Deutschland der Gewürzmarkt. Traditionell werden die Regale dafür in den Supermärkten vom Gewürzkönig Fuchs aus Dissen am Teutoburger Wald beherrscht, der seine Gewürze nicht nur unter dem eigenen Namen, sondern auch unter den Marken Ostmann und Ubena verkauft. Sein Marktanteil wird vom Fachblatt
auf 75 Prozent geschätzt. Doch immer öfter finden sich in den Läden neben den FuchsRegalen auch Ständer der Konkurrenten Just Spices oder Ankerkraut. Just Spices wurde 2014 von drei Freunden gegründet. Mitgründer Béla Seebach erklärte die Motivation so: „Das Angebot im Laden fanden wir total langweilig und innovationslos.“Inzwischen umwirbt das Startup die Kunden nicht nur mit jeder Menge exotischer Gewürze, sondern auch mit Mischungen vom RühreiGewürz bis zum Gemüse-Gewürz für Kinder.
Ein anderes Beispiel: der Augsburger Bio-Fertigsuppen-Hersteller Little Lunch. Er hat es in diesem Jahr im Marken-Ranking der
unter die 100 deutschen Top-Marken geschafft und ist aus vielen Supermärkten nicht mehr wegzudenken. Andere Neulinge verkaufen ihre Produkte vor allem über das Internet und schaffen es so, den etablierten Herstellern Marktanteile abzunehmen.
Die Unternehmensberatung Oliver Wyman (OW) schätzt den Marktanteil der „Microbrands“im Konsumgütermarkt inzwischen auf vier bis fünf Prozent und sieht enorme Wachstumschancen. Bis 2025 könnten sich derartige Neulinge bis zu 25 Prozent des Marktes sichern. „Der Trend zu kleinen, innovativen Marken steht in Deutschland gerade erst am Anfang und wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken. In den USA gibt es schon viereinhalb Mal so viele derartige Start-ups wie in der Bundesrepublik“, sagt der OW-Handelsexperte Martin Schulte. Und ein Ende der Entwicklung sei nicht in Sicht. „Der Trend geht zur Wegwerfmarke. Wir werden überschwemmt werden von neuen Marken, die aus dem Nichts kommen, toll aussehen und uns dazu bringen, sie auszuprobieren“, ist der Branchenkenner überzeugt.
Ganz ohne Risiko ist das für die Verbraucher nicht. „Viele der Unternehmen verschwinden schnell wieder vom Markt. Dann hat man keine Gewährleistung oder Reparaturversprechen“, warnt Schulte und fügt noch hinzu: „Gerade bei den Beauty-Start-ups gab es Fälle, bei denen Konsumenten gesundheitliche Probleme und Hautirritationen bekommen haben – das würde bei einer etablierten Marke nie passieren.“