Freundschaft mit Hindernissen
Präsident Donald Trump lädt seinen russischen Amtskollegen Putin nach Washington ein. Parteifreunde und der Sicherheitsapparat fühlen sich überrumpelt
Washington/Moskau Dan Coats eilt der Ruf eines Gentleman voraus. Der Senator aus Indiana fällt immer wieder wegen seiner ausgewählten Höflichkeit auf. Auch in seiner neuen Rolle als Donald Trumps Direktor der nationalen Geheimdienste ist die vornehme Zurückhaltung eines seiner Markenzeichen. Das hat sich seit dem Gipfel Trumps mit Wladimir Putin in Helsinki geändert. Coats nimmt kein Blatt mehr vor den Mund. Er gibt sich nicht einmal Mühe, seine Verachtung über das Anbiedern des Präsidenten an den ehemaligen KGB-Chef zu verstecken. Nachdem die Einladung für Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Herbst nach Washington publik wurde, fiel ihm förmlich der Kiefer herunter. „Sag das noch einmal“, wandte er sich an eine Reporterin. Nach einem ungläubigen Lachen fängt sich Coats auf einem Forum in Aspen wieder: „Okaaaaaaaay…das wird ja was Besonderes.“Es wäre Putins erster Besuch im Weißen Haus seit 2005, als George W. Bush noch Präsident war.
Wenn Trump das spöttische Schmunzeln seines Geheimdienstchefs, begleitet vom herzhaften Gelächter der Versammelten, sieht, dürfte dem Präsidenten das Lachen vergehen. Zumal dies nicht der erste Widerspruch des Republikaners aus dem Mittleren Westen war. Am Montag nahm Coats in einer Stellungnahme seine Analysten vor der Kritik Trumps an der Seite Putins in Schutz. Die Geheimdienste hätten ihre Befunde „überprüft und überprüft und überprüft“. Sie bleiben bei ihrer Einschätzung. Die Einmischungen seien darüber hinaus nicht abgeschlossen, wie Trump suggeriert, sie gingen weiter. Es gebe mit Blick auf die Zwischenwahlen im November allen Anlass, alarmiert zu sein. Coats wurde deutlich gegenüber den Russen: „Sie sind es, die versuchen, unsere Grundwerte zu untergraben, uns von unseren Alliierten zu entzweien, bei unserem Wahlprozess Chaos anzurichten.“Der Direktor der Bundespolizei FBI, Christopher A. Wray, sprang Coats zur Seite. Die Ermittlungen in der Russland-Affäre seien keine Hexenjagd, wie Trump behauptet. „Russland versuchte, sich in unsere vergangenen Wahlen einzumischen“, sagte Wray. „Es setzt seine böswilligen Einfluss-Operationen bis zu diesem Tag fort.“
In einem Interview mit CNBC wies der Präsident am Freitag Fra- gen nach Abhängigkeiten von Putin zurück. Fremd- und Selbstwahrnehmung gehen wie gewohnt weit auseinander: „Ich hatte ein unglaubliches Treffen mit Präsident Putin. Ich glaube, ich habe mich sehr gut geschlagen auf der Pressekonferenz, außer natürlich für die Fake-News-Medien.“Der wahre „Einfaltspinsel“im Verhältnis zu Russland sei ohnehin sein Vorgänger Barack Obama gewesen.
„Wir haben es fast mit so etwas wie Parallel-Regierungen zu tun“, analysiert der ehemalige CIA-Chef John McLaughlin die Spaltung zwischen Weißem Haus und großen Teilen der Diplomatie und des Sicherheitsapparats der USA. Der Washington-Post-Kolumnist David Ignatius meint zu wissen, dass viele Geheimdienstler versuchen, ihre Pflicht gegenüber dem Präsidenten mit dem Eid auf die Verfassung auszubalancieren.
Im Fall Trump scheint die Russland-Politik sogar eine reine OneMan-Show zu sein. Senator Lindsey Graham, wichtiges Mitglied im Verteidigungsausschuss und wie Trump ein Republikaner, sagte nach dem jüngsten Treffen zwischen Trump und Putin in Helsinki frustriert: „Ich habe keine Ahnung, ob irgendwelche Vereinbarungen getroffen wurden. Ich möchte das wissen.“
Die Stimmung in Washington dürfte sich nicht aufhellen, nachdem nun ausgerechnet von russischer Seite Stück für Stück Einzelheiten durchsickern. Moskau habe bei dem Treffen eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie man den Konflikt in der Ostukraine beenden könne, sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow. Putin und Trump hätten die Möglichkeit eines Referendums besprochen, sagte der Diplomat der Agentur Tass zufolge. Allerdings hat ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA am Freitag ein solches Referendum in der Ostukraine mit Hinweis auf das Minsker Abkommen abgelehnt.
Von anderer Seite droht Trump derweil neuer Ärger. Einem Medienbericht zufolge hat der Ex-Anwalt des US-Präsidenten heimlich ein Gespräch über eine Schweigegeldzahlung an ein Playboy-Model aufgezeichnet. Wie die New York Times berichtet, hat das FBI den Mitschnitt bei einer Durchsuchung des Büros des Anwalts Cohen sichergestellt. Trumps Anwalt Giuliani bestätigte, dass Trump mit Cohen über Zahlungen gesprochen habe – aber letztendlich sei kein Geld geflossen.