Schäuble warnt CSU vor Verlust der Identität
CDU-Politiker: Deutschlandweite Ausdehnung würde der Partei schaden
Im heftigen unionsinternen Streit um die Asylpolitik hat sich Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble warnend an die Schwesterpartei CSU gewandt. Im Interview mit unserer Zeitung sagte der CDU-Politiker: „Das Besondere an der CSU ist neben ihrer politischen Schlagkraft ja auch ihre besondere bayerische Identität.“Würde sich die Partei bundesweit ausdehnen, würde sie diese Identität ein Stück weit verlieren, ergänzte Schäuble. Wiederum mahnend fügte er hinzu: Außerdem sehe man in anderen Ländern, dass Parteien aus dem gleichen politischen Spektrum, die miteinander konkurrieren, in der Summe nicht stärker, sondern schwächer würden.
Schäuble hatte bekanntlich davon gesprochen, CDU und CSU blickten im unionsinternen Streit um die Asylpolitik in einen „Abgrund“. Diese Feststellung nahm er noch einmal auf und meinte: „Wenn man in einen Abgrund schaut, dann sieht man, dass es da ziemlich weit runtergeht.“So zeigte sich Schäuble froh, dass die Zuspitzung zumindest fürs Erste vorbei sei. Doch der CDU-Mann bleibt skeptisch: „Ob die Probleme damit gelöst sind, wird man sehen.“
Nach wie vor gibt es Zweifel daran, dass die Differenzen zwischen CSU und CDU dauerhaft beigelegt sind. Sonst hätte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer am Wochenende wohl kaum noch einmal inständig zur Zusammenarbeit in der Union aufgerufen. „Ein Haus, das in sich geteilt ist, kann nicht bestehen“, meinte sie in Anlehnung an den früheren USPräsidenten Abraham Lincoln.
Bekanntlich hat sich auch als Reaktion auf den heftigen Streit der Schwesterparteien die Plattform „Union der Mitte“gegründet. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das Entstehen dieser neuen liberalen Strömung in der Union begrüßt.
Und wie geht es innerhalb der CSU weiter? Wie positioniert sich die Partei weiter vor der Landtagswahl im heiklen Asylthema? Das zurückliegende Wochenende zeigte hier eine gewisse Form der Arbeitsteilung. Während CSU-Bundespolitiker wie Landesgruppen-Chef Alexander
„Ob die Probleme gelöst sind, wird man sehen.“ Schäuble zum Streit in der Union
Dobrindt und Verkehrsminister Andreas Scheuer mit kräftigen Formulierungen den Konflikt anheizten, meldeten sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und seine Stellvertreterin Ilse Aigner beim Bezirksparteitag der CSU Oberbayern in Irschenberg zurückhaltender zu Wort. Dobrindt sagte: „Ich finde es richtig, dass Gefährder und Gewaltverbrecher in ihre Heimatländer zurückgeführt werden.“Ähnlich äußerte sich Scheuer.
Aigner betätigte sich wie Schäuble und Kramp-Karrenbauer im Unions-Zwist als Mahnerin: „Wir müssen Schluss machen mit Schuldzuweisungen. Einigkeit macht uns stark.“So wünscht sich die CSU-Politikerin „eine engagierte Debatte, aber in sachlicher Sprache“. Ein höheres Maß an Sachlichkeit auf CSUSeite kommt sicher auch bei vielen Bürgern gut an. Am Sonntag demonstrierten in München laut Veranstaltern rund 50 000 Menschen gegen den Kurs der CSU und einen „massiven Rechtsruck in der Gesellschaft“. Sie folgten dem Aufruf von mehr als 150 Organisationen. Das Motto lautete „Ausgehetzt – Gemeinsam gegen die Politik der Angst“. Mehr zur Demonstration in München lesen Sie auf Bayern.
Den Wortlaut des Interviews mit Wolfgang Schäuble finden Sie in der Politik.