Wahlkampf kommt in Fahrt
Drei Politiker aus dem Augsburger Land greifen ein bildungspolitisches Thema auf. Es geht um arbeitslose Lehrer und am Rande um die Frage: Was machen Abgeordnete eigentlich in den Parlamentsferien?
Über die zeitliche Befristung von Arbeitsverträgen für die Lehrer im Freistaat ist ein Streit zwischen den Politikern in der Region entbrannt.
Der Wahlkampf im Augsburger Land nimmt Fahrt auf. Im Mittelpunkt steht die Praxis des Freistaats, befristet eingestellte Lehrer über die Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu schicken.
Dagegen wendet sich die Stadtberger Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr (SPD) in einer Resolution, für die sie Unterschriften sammelt (wir berichteten), und die sich am Wochenende die BayernSPD zu eigen gemacht hat. Die Freien Wähler dagegen nehmen die Staatssekretärin im Kultusministerium persönlich in die Pflicht. Die Stadtberger Landtagsabgeordnete Carolina Trautner (CSU) solle sich für das Ende dieser Praxis einsetzen, die ein Skandal sei. Die CSU-Kreisvorsitzende Trautner, in ihrer ersten Amtszeit als Abgeordnete von Markus Söder ins Kabinett geholt, hält dagegen.
Unbestritten hat der Anteil von zeitlich befristet eingestellten Leh- rern zugenommen. 2016 waren es an bayerischen Schulen knapp 7000. Das ist gegenüber 2012 ein Plus von 13 Prozent. Trautner verweist aber darauf, dass die zeitliche Befristung nur knapp fünf Prozent aller Lehrer betreffe. Von diesen wiederum seien mehr als 80 Prozent auch über die Sommerferien hinweg beschäftigt. Von der umstrittenen Befristung betroffen sind nach Angaben des Kultusministeriums nur Lehrer, die später als vier Wochen nach Schulbeginn eingestellt werden, um beispielsweise in einem Krankheitsfall auszuhelfen. Trautner sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Im Verhältnis sind es sehr wenige Fälle, die unter dem Schuljahr befristet eingestellt werden.“
Bleibt die Frage, inwieweit die Schulen unter diesen Bedingungen Aushilfskräfte gewinnen können? Ein Beispiel aus der Region: In der Realschule Zusmarshausen gibt es seit Pfingsten nicht mehr genügend Lehrer, um den Unterricht in vollem Umfang stattfinden zu lassen. Besonders eklatant trat in Bayern zuletzt der Lehrermangel an Grundund Mittelschulen zutage, wo Hunderte Lehrer fehlten.
Kultusministerium setzte in dieser Situation auf die Umschulung von arbeitslosen Gymnasial- und Realschullehrern, denen innerhalb von zwei Jahren der Beamtenstatus winkt. 300 hätten die sogenannte Nachqualifizierung schon absolviert, weitere 860 seien dabei. Trautner: „Zum September sind alle Stellen besetzt.“Zum Halbjahr könne man noch einmal nachlegen.
Die Lehrergewerkschaft BLLV sieht in der Umschulung von Lehrern allerdings nur eine Notlösung, um kurzfristig Löcher zu stopfen. Langfristig brauche es eine flexiblere Lehrerausbildung, mit der künftigen Engpässen begegnet werden könne.
Auch Trautners politische Mitbewerber im Augsburger Land sind nicht zufrieden. Sie werfen dem Freistaat vor, sich als Arbeitgeber gegenüber den zeitlich befristetet eingestellten Lehrern schlecht zu benehmen. Diese müssten für sechs Wochen den Sozialkassen zur Last fallen, um dann großenteils wieder eingestellt zu werden, sagt Fabian Mehring, der Trautner im Stimmkreis Augsburg Land Süd bei den Landtagswahlen am 14. Oktober direkt herausfordert. Sein Vorwurf: Der Freistaat behandle „hoch qualifizierte Kräfte wie Saisonarbeiter“. Das sei „indiskutabel“.
Mehrings spitze Frage an die Adresse der Staatssekretärin: „Was wäre davon zu halten, die Mitglieder des Parlaments, die sich bereits in der Sommerpause befinden, bis zur Wiederaufnahme ihrer parlamentarischen Arbeit im September arbeitslos zu melden?“
Trautners Antwort: „Es hat mich verwundert, wie er auf die Idee kommt, wir hätten in der Sommerpause nichts zu tun.“Als Angestellter eines Abgeordneten müsse MehDas ring dies doch besser wissen. Parlamentarier nützten die sitzungsfreie Zeit für Arbeit in den Stimmkreisen, unter anderem für Bürgeranliegen.
In diesem Sommer steht aber der Wahlkampf im Vordergrund. Trautner will sich nach eigenen Angaben nur gut eine Woche Familienurlaub gönnen, die derzeitigen Umfragewerte ihre Partei von unter 40 Prozent Stimmenanteil empfinde sie als Ansporn. In der Diskussion über die Innere Sicherheit seien viele Beschlüsse des bayerischen Kabinetts untergegangen. Die Staatssekretärin, Abgeordnete und Kreisvorsitzende glaubt deshalb: „Wir müssen zu den bayerischen Themen zurückkehren.“Dort habe die CSU viel vorzuzeigen.
Der SPD-Bildungspolitikerin Strohmayr, die wie sie im Stadtberger Stadtrat sitzt, wirft Trautner vor, mit einem irreführenden Beispiel für die SPD-Resolution zu werben. Die von Strohmayr genannte Friedberger Lehrerin, die sich nach fast einem Jahr arbeitslos melden müsse (wir berichteten), sei in Wirklichkeit eine Sozialpädagogin, die in der Ganztagsbetreuung einer Schule eingesetzt worden sei.