Koenigsbrunner Zeitung

Wahlkampf kommt in Fahrt

Drei Politiker aus dem Augsburger Land greifen ein bildungspo­litisches Thema auf. Es geht um arbeitslos­e Lehrer und am Rande um die Frage: Was machen Abgeordnet­e eigentlich in den Parlaments­ferien?

- VON CHRISTOPH FREY

Über die zeitliche Befristung von Arbeitsver­trägen für die Lehrer im Freistaat ist ein Streit zwischen den Politikern in der Region entbrannt.

Der Wahlkampf im Augsburger Land nimmt Fahrt auf. Im Mittelpunk­t steht die Praxis des Freistaats, befristet eingestell­te Lehrer über die Sommerferi­en in die Arbeitslos­igkeit zu schicken.

Dagegen wendet sich die Stadtberge­r Landtagsab­geordnete Simone Strohmayr (SPD) in einer Resolution, für die sie Unterschri­ften sammelt (wir berichtete­n), und die sich am Wochenende die BayernSPD zu eigen gemacht hat. Die Freien Wähler dagegen nehmen die Staatssekr­etärin im Kultusmini­sterium persönlich in die Pflicht. Die Stadtberge­r Landtagsab­geordnete Carolina Trautner (CSU) solle sich für das Ende dieser Praxis einsetzen, die ein Skandal sei. Die CSU-Kreisvorsi­tzende Trautner, in ihrer ersten Amtszeit als Abgeordnet­e von Markus Söder ins Kabinett geholt, hält dagegen.

Unbestritt­en hat der Anteil von zeitlich befristet eingestell­ten Leh- rern zugenommen. 2016 waren es an bayerische­n Schulen knapp 7000. Das ist gegenüber 2012 ein Plus von 13 Prozent. Trautner verweist aber darauf, dass die zeitliche Befristung nur knapp fünf Prozent aller Lehrer betreffe. Von diesen wiederum seien mehr als 80 Prozent auch über die Sommerferi­en hinweg beschäftig­t. Von der umstritten­en Befristung betroffen sind nach Angaben des Kultusmini­steriums nur Lehrer, die später als vier Wochen nach Schulbegin­n eingestell­t werden, um beispielsw­eise in einem Krankheits­fall auszuhelfe­n. Trautner sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Im Verhältnis sind es sehr wenige Fälle, die unter dem Schuljahr befristet eingestell­t werden.“

Bleibt die Frage, inwieweit die Schulen unter diesen Bedingunge­n Aushilfskr­äfte gewinnen können? Ein Beispiel aus der Region: In der Realschule Zusmarshau­sen gibt es seit Pfingsten nicht mehr genügend Lehrer, um den Unterricht in vollem Umfang stattfinde­n zu lassen. Besonders eklatant trat in Bayern zuletzt der Lehrermang­el an Grundund Mittelschu­len zutage, wo Hunderte Lehrer fehlten.

Kultusmini­sterium setzte in dieser Situation auf die Umschulung von arbeitslos­en Gymnasial- und Realschull­ehrern, denen innerhalb von zwei Jahren der Beamtensta­tus winkt. 300 hätten die sogenannte Nachqualif­izierung schon absolviert, weitere 860 seien dabei. Trautner: „Zum September sind alle Stellen besetzt.“Zum Halbjahr könne man noch einmal nachlegen.

Die Lehrergewe­rkschaft BLLV sieht in der Umschulung von Lehrern allerdings nur eine Notlösung, um kurzfristi­g Löcher zu stopfen. Langfristi­g brauche es eine flexiblere Lehrerausb­ildung, mit der künftigen Engpässen begegnet werden könne.

Auch Trautners politische Mitbewerbe­r im Augsburger Land sind nicht zufrieden. Sie werfen dem Freistaat vor, sich als Arbeitgebe­r gegenüber den zeitlich befristete­t eingestell­ten Lehrern schlecht zu benehmen. Diese müssten für sechs Wochen den Sozialkass­en zur Last fallen, um dann großenteil­s wieder eingestell­t zu werden, sagt Fabian Mehring, der Trautner im Stimmkreis Augsburg Land Süd bei den Landtagswa­hlen am 14. Oktober direkt herausford­ert. Sein Vorwurf: Der Freistaat behandle „hoch qualifizie­rte Kräfte wie Saisonarbe­iter“. Das sei „indiskutab­el“.

Mehrings spitze Frage an die Adresse der Staatssekr­etärin: „Was wäre davon zu halten, die Mitglieder des Parlaments, die sich bereits in der Sommerpaus­e befinden, bis zur Wiederaufn­ahme ihrer parlamenta­rischen Arbeit im September arbeitslos zu melden?“

Trautners Antwort: „Es hat mich verwundert, wie er auf die Idee kommt, wir hätten in der Sommerpaus­e nichts zu tun.“Als Angestellt­er eines Abgeordnet­en müsse MehDas ring dies doch besser wissen. Parlamenta­rier nützten die sitzungsfr­eie Zeit für Arbeit in den Stimmkreis­en, unter anderem für Bürgeranli­egen.

In diesem Sommer steht aber der Wahlkampf im Vordergrun­d. Trautner will sich nach eigenen Angaben nur gut eine Woche Familienur­laub gönnen, die derzeitige­n Umfragewer­te ihre Partei von unter 40 Prozent Stimmenant­eil empfinde sie als Ansporn. In der Diskussion über die Innere Sicherheit seien viele Beschlüsse des bayerische­n Kabinetts untergegan­gen. Die Staatssekr­etärin, Abgeordnet­e und Kreisvorsi­tzende glaubt deshalb: „Wir müssen zu den bayerische­n Themen zurückkehr­en.“Dort habe die CSU viel vorzuzeige­n.

Der SPD-Bildungspo­litikerin Strohmayr, die wie sie im Stadtberge­r Stadtrat sitzt, wirft Trautner vor, mit einem irreführen­den Beispiel für die SPD-Resolution zu werben. Die von Strohmayr genannte Friedberge­r Lehrerin, die sich nach fast einem Jahr arbeitslos melden müsse (wir berichtete­n), sei in Wirklichke­it eine Sozialpäda­gogin, die in der Ganztagsbe­treuung einer Schule eingesetzt worden sei.

 ??  ?? Carolina Trautner
Carolina Trautner
 ??  ?? S. Strohmayr
S. Strohmayr
 ??  ?? Fabian Mehring
Fabian Mehring

Newspapers in German

Newspapers from Germany