Seine erste Mutprobe
Berat Albayrak kommt als Finanzminister und Schwiegersohn des türkischen Präsidenten eine besondere Rolle im Kabinett zu. Kann er ihm auch die Stirn bieten?
Bisher ist es immer nur aufwärtsgegangen mit Berat Albayrak. Mit 29 Jahren war er Chef eines türkischen Konzerns mit
37 Energieminister, und jetzt, mit
40 Jahren, ist er Finanzminister und einer der mächtigsten Männer in der türkischen Politik. Seinen Fähigkeiten allein hat der studierte Betriebswirt den kometenhaften Aufstieg nicht zu verdanken. Seit 14 Jahren ist Albayrak mit Esra Erdogan verheiratet, einer der beiden Töchter des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Seit Erdogans Wahlerfolg vom Juni wird immer deutlicher, dass der 64-jährige starke Mann an der Spitze des Staates seinen Schwiegersohn zum Nachfolger aufbaut. Doch wer ist der Mann, den sein neues Amt möglicherweise zwingt, in wichtigen finanzpolitischen Fragen seinem Schwiegervater die Stirn zu bieten?
Nach seinem Studium in New York hatte Albayrak Ende der 1990er Jahre im Konzern Calik Holding als Manager seine Berufskarriere begonnen und war schnell zum Konzernchef aufgestiegen. Die Interessen von Calik reichen von Bergbau und Energie bis zum Textilsektor. Vor zehn Jahren kaufte Calik zudem eine Reihe von Medien, zu denen die Erdogantreue Zeitung Sabah und der ebenfalls regierungsnahe Fernsehsender ATV zählen. Albayrak stieg 2013 bei Calik aus, um seine politische Karriere vorzubereiten.
Schon damals wurde deutlich, dass
Erdogan den
Aufstieg seines Schwiegersohns förderte. Vor drei Jahren erhielt Albayrak vor seiner ersten Parlamentswahl einen sicheren Listenplatz der Erdogan-Partei AKP. Kurz darauf wurde er zum Energieminister berufen und begleitete seinen Schwiegervater auf vielen Auslandsreisen. Nach der Wahl holte Erdogan den Shootingstar jetzt nicht nur als Finanzminister ins Kabinett, sondern machte ihn auch zum Mitglied im Obersten Militärrat, der über die Ernennung hoher Generäle entscheidet. Wie Erdogan selbst reagiert Albayrak sehr empfindlich auf kritische Medienberichte. Oppositionsmedien werfen ihm wie anderen Regierungspolitikern vor, Geld in Steueroasen verschoben zu haben. Albayrak hat deshalb die Journalistin Pelin Ünker von der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet verklagt. Auch beim Vorgehen gegen den deutschtürkischen Journalisten Deniz Yücel tauchte der Name Albayrak auf: Yücels Festnahme 2017 wurde zunächst mit einem Artikel von Yücel über gehackte Mails von Albayrak begründet.
Nun steht er vor einer Bewährungsprobe: Der Staatspräsident hat die Unabhängigkeit der Zentralbank infrage gestellt und für eine Leitzinssenkung plädiert – dagegen fordern Anleger eine weitere Anhebung der Zinsen. Am Dienstag entscheidet die Zentralbank. Albayrak betont derweil die Unabhängigkeit der Währungshüter und die Notwendigkeit finanzpolitischer Disziplin. Mit Spannung wird nun erwartet, wie der Konflikt zwischen Berat Albayrak und seinem Schwiegervater ausgeht.