Ulrichswerkstätten werden 50
Die Ulrichswerkstätten Augsburg der Caritas bestehen seit 50 Jahren. In dieser Zeit hat sich einiges verändert. Heute arbeitet die Einrichtung als Dienstleister für viele Unternehmen
„Was die Ordnung betrifft, da bin ich ein Ass!“, sagt Bastian Gerbl und strahlt übers ganze Gesicht. Er arbeitet in der „Carotte“, dem Gärtnereiladen der Ulrichswerkstätten der CAB Caritas Augsburg, im inklusiven Team. Dort hat er im Laden ein besonderes Auge auf Sauberkeit und Hygiene, gerne steht er auch an der Kasse, die Stammkunden kennen ihn und er kennt sie. Seinen Arbeitsplatz nennt Gerbl „mein zweites Zuhause“.
Bastian Gerbl ist einer von 640 Beschäftigten in den Ulrichswerkstätten Augsburg (UWA) am Hanreiweg. Mit einem Festakt und einem Tag der offenen Tür feierten die Ulrichswerkstätten ihr 50-jähri- ges Bestehen. In der Förderstätte, im Berufsbildungsbereich, in den Werkstätten oder den beiden Cafés, dem Café am Milchberg und dem Café Samocca, finden Menschen mit einer Behinderung Arbeit und individuelle Förderung.
In den vergangenen 50 Jahren hat sich einiges am Selbstverständnis der Behinderteneinrichtung verändert. Eltern hätten sich damals schwergetan, ihre Kinder in eine „Beschützende Werkstatt“– so die frühere Bezeichnung – zu schicken, weiß Thomas Hampp, Leiter der Hauptwerkstätte der UWA. Heute sei man davon überzeugt: „Auch Menschen mit Behinderung können Anteil an einer geregelten Arbeit haben.“Eine Arbeit, die je nach ihren individuellen Fähigkeiten und Fer- auf sie zugeschnitten ist. Wie bei jedem anderen Menschen auch trage die Arbeit wesentlich zur Zufriedenheit im Leben bei, verleihe ihm Sinn, so Hampp. Während in den Anfangsjahren vor allem handgemachte Bürsten, Kerzen und kleinere Basteleien für Basare die erste Werkstatt verließen, seien die Ulrichswerkstätten Augsburg heute ein moderner Dienstleister und eine verlängerte Werkbank der Industrie und konkurriere auf dem Markt.
Die „Carotte“ist ein moderner Gartenbau- und Gärtnereibetrieb mit Laden wie jeder andere auch. Er bietet Landschafts- und Gartenpflege, betreibt ein Gewächshaus und verkauft im Laden Gemüse, Obst, Blumen und spezielle Feinkost. Fachkräfte leiten die Menschen mit Behinderung an und ermöglichen ihnen so berufliche Bildung. Die Fachkräfte sind nicht mehr wie früher „Betreuer“, sondern verstehen sich als Kollegen und Assistenten. Das ist auch in den anderen UWAWerkstätten so, etwa in der Metallverarbeitung oder der Wäscherei. Kunden sind Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Auch Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen finden hier, in den Ulrichswerkstätten, einen Arbeits- und Lebensmittelpunkt, und zwar in der Förderstätte. Hier ist etwa Bakin Karakus anzutreffen, der konzentriert Gläserdeckel in ein Zählbrett steckt – immer 45 müssen am Ende abgepackt sein. So will es der Kunde. In der Förderstätte werden Menschen betigkeiten treut, die mehr Unterstützung brauchen. „Unser Ziel ist es, ihre Fähigkeiten zu fördern, zu schauen, was ihnen möglich ist – etwa was die Motorik, die kognitiven Fähigkeiten oder das Wahrnehmen betrifft“, so Rita Frank, Gruppenleiterin in der Förderstätte. Es tue den Betreuten gut, immer wieder Erfolg zu erleben, nach dem Motto „Das habe ich jetzt geschafft!“
Seit Neuestem steht auf dem Areal der Ulrichswerkstätten eine bunte Eichenbaum-Spirale, ein Werk der UWA-Kunstgruppe, das zeigt, was Wunderbares geschaffen werden kann, wenn jeder das einbringt, was er eben kann: Der eine hat mit der Kettensäge gearbeitet, der andere geschmirgelt, der dritte gemalt. Am Ende entstand Kunst.